Full text: Volksmärchen der Deutschen

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erkennen, daß du der zärtliche, liebevolle, gefällige Gemahl 
ſein werdeſt, wie du als Liebhaber wareſt?“ Er antwortete: 
„Fordere einen Beweis meiner Treue oder ſtelle meine Geduld 
auf die Probe und urteile daraus von der Stärke meiner 
Liebe.“ — „Es ſei alſo!“ beſchloß die ſchlaue Emma, „ich 
heiſche nur einen Beweis deiner Gefälligkeit. Gehe hin und 
zähle die Rüben alle auf dem Acker; mein Hochzeitstag ſoll 
nicht ohne Zeugen ſein, ich will ſie beleben, damit ſie mir 
zu Kränzeljungfrauen dienen; aber hüte dich und verzähle 
dich nicht um eine, denn das iſt die Probe, woran ich deine 
Treue prüfen will.“ 
So ungern der Gnome in dieſem Augenblick von ſeiner 
reizenden Braut ſchied, ſo gehorchte er doch und machte ſich 
raſch an ſeine Geſchäfte. Er war durch dieſe Geſchäftigkeit 
mit ſeiner Aufgabe bald zu Stande; doch um der Sache 
recht gewiß zu ſein, wiederholte er die Zählung nochmals 
und fand zu ſeinem Verdruß, daß er ſich verzählt hatte. 
Sofort machte er ſich aufs Neue daran, die Rüben zu zählen, 
aber auch dieſes Mal ergab ſich eine neue Differenz. 
Die verſchmitzte Emma hatte den Berggeiſt nicht ſobald 
aus den Augen verloren, als ſie zur Flucht Anſtalt machte. 
Sie hielt eine wohlgenährte Rübe in Bereitſchaft, welche ſie 
flugs in ein mutiges Roß verwandelte. Raſch ſchwang ſie 
ſich in den Sattel, flog über die Heiden und Steppen des 
Gebirges dahin, und das flüchtige Roß brachte ſie glücklich 
hinab ins Maienthal, wo ſie dem geliebten Ratibor ſich fröh⸗ 
lich in die Arme warf. 
Der geſchäftige Gnome hatte ſich indeſſen ſo in ſeine 
Zahlen vertieft, daß er von dem, was um und neben ihm 
geſchah, nichts merkte. Nach langer Mühe und Anſtrengung 
war's ihm endlich gelungen, die wahre Zahl aller Rüben 
auf dem Ackerfelde gefunden zu haben. Er eilte froh zurück, 
ſie ſeiner Herzensgebieterin gewiſſenhaft zu berechnen und 
durch die Erfüllung ihrer Befehle ſie zu überzeugen, daß er 
der gefälligſte Gemahl ſein werde. Mit Selbſtzufriedenheit 
trat er auf den Raſenplatz; aber da fand er nicht, was er 
ſuchte; er lief durch die Lauben und Gänge; auch da war 
nicht, was er begehrte; er kam in den Palaſt, durchſpähte 
alle Winkel deſſelben, doch nirgends fand er die Geliebte.
	        
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