Full text: Volksmärchen der Deutschen

wurden gemuſtert und anprobiert. Brinhild wußte ſich dabei 
gut zu benehmen und zeigte viel Geſchmack in der Wahl und 
Anordnung des weiblichen Putzes. 
Der Berggeiſt war entzückt über den Tiefblick, den er 
in das weibliche Herz gethan zu haben vermeinte, und freute 
ſich über den guten Fortgang in der Menſchenkunde. Die 
ſchöne Emma dünkte ihm jetzt ſchöner und heiterer zu ſein als 
jemals. Sie unterließ nicht, ihren ganzen Rübenvorrat mit 
dem Zauberſtabe zu beleben, gab ihnen die Geſtalt der Jung 
frauen, die ihr vordem aufzuwarten pflegten, und weil noch 
zwei Rüben übrig waren, bildete ſie die eine zu einer Katze 
um und aus der andern ſchuf ſie ein niedliches Hündchen. 
Sie richtete nun ihren Hofſtaat wieder ein, teilte einer jeden 
der aufwartenden Dirnen ein dewiſſes Geſchäft zu, und nie 
wurde eine Herrſchaft beſſer bedient; das Inal kam ihren 
Wünſchen zuvor, gehorchte auf den Wink und vollſtreckte ihre 
Befehle ohne Widerſpruch. Einige Wochen lang genoß ſie 
die Wonne dieſes Vergnügens ungeſtört, Reihentänze, Sang 
und Saitenſpiel wechſelten vom Morgen bis zum Abend; 
nur merkte das Fräulein nach Verlauf einiger Zeit, daß die 
friſche Geſichtsfarbe ihrer Geſellſchafterinnen etwas abbleichte, 
der Spiegel ließ ſie feiſe bemerken, daß ſie allein wie eine 
Roſe aus der Knoſpe friſch hhervorblühte, Brinhild und die 
übrigen Jungfrauen welkenden Blumen glichen; gleichwohl 
verſicherten ſie alle, daß ſie ſich wohl befänden, und der frei 
gebige Berggeiſt ließ ſie an ſeiner Tafel auch keinen Mangel 
leiden. Dennoch zehrten ſie ſichtbarlich ab und alles Jugend⸗ 
feuer erloſch. 
Als die Prinzeſſin an einem heitern Morgen fröhlich 
ins Geſellſchaftszimmer trat, wie ſchauderte ſie zurück, da ihr 
ein Haufen eingeſchrumpfter Mateonen an Stäben und Krücken 
entgegen zitterte, unvermögend ſich aufrecht zu erhalten. Das 
Hündchen hatte alle Viere von ſich geſtreckt, und die Katze 
konnte ſich vor Kraftloſigkeit kaum noch bewegen. Beſtürzt eilte 
die Prinzeſſin aus dem Zimmer und rief laut den Gnomen, 
welcher alsbald in demütiger Stellung auf ihr Geheiß erſchien. 
„Boshafter Geiſt,“ redete ſie ihn zannmue an, warum miß⸗ 
gönnſt du mir die einzige Freude meines Lebens, die Schatten⸗ 
geſellſchaft meiner ehemaligen Geſpielinnen? Iſt dieſe Einöde
	        
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