Full text: Volksmärchen der Deutschen

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der Verſchwundenen nachzuſpringen, außer Brinhild, ihre 
liebſte Geſpielin, die nicht ſäumte, in das Marmorbecken ſich 
zu ſtürzen, gleiches Schickſal mit ihrem geliebten Fräulein er 
wartend. Aber ſie ſchwamm als ein leichter Kork auf dem 
Waſſer und war nicht vermögend unterzutauchen. 
Hier war kein anderer Rat, als dem Könige die traurige 
Begebenheit zu hinterbringen. Wehklagend begegneten ihm 
die zagenden Dirnen, da er eben mit ſeinen Jägern zu Walde 
zog. Der König zerriß ſein Kleid vor Betrübnis und Ent 
ſetzen, nahm die goldene Krone vom Haupte, verhüllte ſein 
Angeſicht mit dem Purpurmantel, weinte und ſtöhnte laut 
über den Verluſt der ſchönen Emma. 
Nachdem er ſeinen Thränen freien Lauf gelaſſen, ſtärkte 
er ſeinen Mut und eilte, das Abenteuer am Waſſerfalle ſelbſt 
zu beſchauen. Aber der angenehme Zauber war verſchwun 
den, die rohe Natur ſtand wieder da in ihrer vorigen Wild 
heit; da war keine Grotte, kein Marmorbad, kein Roſen 
gehege, keine Jasminlaube. Der gute König, welcher den 
Bericht der Mädchen auf Treu und Glauben angenommen 
hatte, meinte Thor oder Wodan, oder ſonſt einer der Götter 
ſei bei dieſer wunderbaren Begebenheit mit im Spiel geweſen, 
ſetzte darauf die Jagdpartie fort und tröſtete ſich bald über 
ſeinen Verluſt. 
Unterdeſſen befand ſich die liebreizende Emma gar nicht 
übel. Der Berggeiſt hatte ſie durch ein Gaukelſpiel den 
Augen ihres Gefolges entzogen, und führte ſie durch einen 
unterirdiſchen Weg in einen prächtigen Palaſt, mit welchem 
die väterliche Reſidenz in keine Vergleichung kam. Als ſich 
die Lebensgeiſter der Prinzeſſin wieder erholt hatten, befand 
ſie ſich auf einem bequemen Sofa, angethan mit einem Ge 
wand von roſafarbenem Zeuge und einem Gürtel von himmel 
blauer Seide. Ein junger Mann lag zu ihren Füßen und 
machte ihr mit dem wärmſten Gefühl das Geſtändnis der 
Liebe, welches ſie mit ſchamhaftem Erröten annahm. Der 
entzückte Berggeiſt unterrichtete ſie hierauf von ſeinem Stand 
und ſeiner Herkunft, von den unterirdiſchen Staaten, die er 
beherrſchte, führte ſie durch die Zimmer und Säle des 
Schloſſes und zeigte ihr alle Pracht und Reichtum deſſelben. 
Ein Luſtgarten umgab das Schloß von drei Seiten, alle
	        
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