das Zeugnis ausſtellen, daß ich mich meiner Arbeit mit
Luſt und Liebe unterzogen habe. Hat mich dieſelbe doch
zurückverſetzt in meine Kindheit, in die Zeit, als noch
daheim im Elternhauſe der Vater uns Kindern am ſtillen
Abend dieſe Lieblingsmärchen ſeiner Jugend erzählte.
Und ſo hat mich bei meiner Arbeit der Wunſch geleitet,
daß es mir gelingen möge, dieſen Märchendichter, wel⸗
cher ein Liebling unſerer Eltern und Großeltern geweſen
iſt, auch zu einem Lieblinge unſerer Jugend zu machen.
Johann Karl Auguſt Muſäus, ſo lautet ſein voller Name,
war geboren am 28. März 1735 in Jena. Nach einer
glücklichen Jugend bezog er als neunzehnjähriger Jüng⸗
ling die Univerſität, um Theologie zu ſtudieren. Schon
hier entwickelte ſich ſein ausgezeichnetes, von einem friſchen
Humor getragenes Erzählertalent. Nach vollendetem Stu⸗
dium fand er eine Anſtellung zuerſt als Pagenhofmeiſter
am Hofe zu Weimar und dann als Profeſſor an dem
dortigen Gymnaſium. Er gehört alſo zu den Männern,
welche der Kunſt und Wiſſenſchaft liebende Weimariſche
Hof an ſich zu feſſeln verſtand. Während einer Krank—
heit, die ihn im Jahre 1780 befiel, faßte er den Plan
zu ſeinen Volksmärchen, welche dann in den Jahren
1782—1787 entſtanden. Welchen Beifall dieſelben bei
ihrem Erſcheinen (das erſte Bändchen erſchien 1782 in
dem Verlage von Ettlinger in Gotha) errangen, davon
giebt wohl am beſten der Umſtand Zeugnis, daß ſchon
im Jahre 1791 eine engliſche Ueberſetzung erſchien.
Leider ſollte ſich der Verfaſſer ſelbſt über ſein Werk,
welches ihm für alle Zeiten einen Platz in der deutſchen
Litteraturgeſchichte ſichert, nicht lange freuen. Sanft
und ruhig entſchlief er, erſt zweiundfünfzig Jahre alt,
am 28. Oktober 1787.
Eſſen, den 1. März 1881.
Dr. Werner Werther.
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