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wo Leonie, mit einer Schweſter von ihm befreundet, viel
in ſeinem elterlichen Hauſe geweſen war.
„Nun, das wird ja zu erfahren ſein!“ erwiderte er
leichthin und lenkte das Geſpräch auf etwas anderes.
Es ärgerte ihn, daß Leonie anzudeuten ſchien, er ſei ihrer
Schweſter mit der ihr dargebrachten lebhaften Huldigung
gleichgiltig geblieben, während er überzeugt war, er, der
reiche Offizier von altem Adel dürfe nur die Hand aus—
ſtrecken, ſo würde ſie mit Entzücken von jedem Mädchen
angenommen werden, vollends von einem bürgerlichen.
Er hatte bei ſeiner Courmacherei noch gar nicht die
beſtimmte Abſicht gehabt, Jutta Römer dies Glück zu
teil werden zu laſſen; jetzt, da ſie ſich ihm entzog, er⸗
ſchien ſie ihm doppelt begehrenswert. Der vorherrſchende
Charakterzug, ſeine Eitelkeit, war verletzt, er wünſchte zu
beweiſen, daß er nur ernſtlich zu wollen brauche, um zu ſiegen.
Gewohnt, ſich keinen Wunſch zu verſagen, jeden Ein⸗
fall ohne viel Bedenken auszuführen, nahm er in den
nächſten Tagen ſchon einen kurzen Urlaub und fuhr nach
Brunnweiler.
Er ſuchte Jutta auf, machte ihr die bitterſten Vor⸗
würfe über ihre Abreiſe, erklärte ihr ſtürmiſch ſeine Liebe
und bat um ihre Hand. Daß ſie dieſelbe ausſchlagen
önne, war ihm nicht entfernt als möglich erſchienen; er
hielt ihr plötzliches Weggehen für ein Manöver, um ihn
anzufeuern, oder für die Vorſicht und Reſignation der
Bürgerlichen, die ſich vor vergeblicher Neigung und Hoff⸗
nung bewahren wollte.
Ihre mit ernſtem Bedauern ausgeſprochene Ablehnung
ſeines Antrags machte ihn ganz ſtarr vor Erſtaunen.