Full text: Des Herzens Heimat

Er kann nicht wie ein jüngerer Mann warten. Wenn Du 
wüßteſt, wie tief erregt, wie ganz verwandelt er war — 
herzerſchütternd! Nein, ich kann ihn nicht abweiſen, es 
würde mir zu leid thun!“ 
„Aber, wenn Du Dich gebunden hätteſt, Jutta, und 
fändeſt dann erſt die Liebe, begegneteſt dann erſt einem 
Manne, der —“ 
Die Freundin unterbrach ſie. 
„Wie? Wenn ich verheiratet wäre, meinſt Du? Aber 
das iſt ja gar nicht möglich, denn ich werde meinen Mann 
lieb gewinnen! Wenn ich das nicht voraus wüßte, würde 
ich ihn natürlich nicht nehmen, das wäre ja unrecht! — 
Ich habe ihn bereits lieb, das merke ich jetzt, wo ich ihn 
nehmen oder ihn ganz verlieren muß!“ 
„Liebhaben iſt nur etwas ganz anderes, als — — 
wendete Eveline ein, ohne vollenden zu können, denn Jutta 
rief lachend: 
„Als ſchwärmeriſche, romantiſche Liebe! Jawohl! Aber 
mit dieſer bin ich fertig, ich will nichts mehr davon wiſſen. 
Ich werde Frau van Smitten, das klingt ganz hübſch! 
Bekomme einen liebenswürdigen Mann, ein eigenes Haus, 
in dem mich meine Eveline allemal, wenn ſie Ferien hat, 
beſuchen muß! Willſt Du das?“ 
Ihre Rede, die ſo heiter begonnen, erſtickte in plötzlich 
ausbrechenden Thränen, mit denen die ſtarke Aufregung 
des jungen Herzens gebieteriſch ihr Recht verlangte. Beſorgt 
umfaßte Eveline die Freundin. 
„Komm ins Haus,“ ſagte ſie ſanft. „Du mußt jetzt 
Ruhe haben! Überlaß Deine Angelegenheiten jetzt dem 
lieben Gott, er wird ſchon alles wohl machen!“
	        
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