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Selbſtvorwurf, daß er die augenblicklich zweifelhafte Lage
des teuern Mädchens benutzen wolle, zu dem Bewußtſein
hinüberſprang, daß er für ihr Glück zu jedem Opfer bereit
ſei, dieſe wechſelnde Seelenſtimmung war für einen Mann
wie Daniel van Smitten nicht lange zu ertragen.
„Entweder — oder!“ ſagte er zu ſich ſelbſt und der
Vorſchlag der Tante, der ihm ein Alleinſein mit Jutta,
eine Gelegenheit, ſich gegen ſie auszuſprechen, beſcheerte,
erſchien ihm wie ein Geſchenk des Himmels.
„Ich würde Sie überaus gern weiter hinaufbegleiten,
gnädiges Fräulein!“ hatte er daher mit ſo feurigem Eifer
verſichert, daß Eveline ihn gedankenvoll anblickte und die
ſehnſuchtsvolle Spannung bemerkte, mit der ſein Auge an
Jutta hing, um ihre Entſcheidung zu erſpähen.
„Gut, ſo wollen wir weiter wandern, wenn Tante es
erlaubt!“ ſagte ſie mit unbefangener Freundlichkeit. „Wie
ſchade, meine arme Eveline, daß Du nicht mit uns kom⸗
men kannſt!“
„Nein, ich könnte doch nicht allein in dieſer Wildnis
bleiben!“ rief Tante Tine erſchrocken dagegen, indem ſie
auf die allerdings ganz menſchenleeren, oaber ſehr wohl
unterhaltenen Promenadenwege zeigte, die auf⸗ und abwärts
von ihrem Ruheplatze führten.
Eveline beruhigte die Dame mit der entſchiedenſten
Zuſicherung ihrer Begleitung, alle vier gaben ſich noch
eine Zeitlang dem ungeſtörten Genuß der in ſtets wechſeln⸗
der Beleuchtung ſo ſchönen Ausſicht hin und trennten ſich
dann je zwei und zwei mit dem Verſprechen des Wieder⸗
ſehens zum Thee in der kleinen Villa.
Munter ſchritt Jutta ſodann aufwärts an der Seite