— 39 —
ſchien nicht verdorben werden zu können, ſie blieb bei allem
Übermut, aller Wildheit ein gutes, anſchmiegendes Kind,
das ſich leiten ließ, während der Knabe, den man ſeiner
Kränklichkeit wegen zu nachſichtig behandelt hatte, nach
einigen Jahren bedenkliche Charaktereigenſchaften zeigte.
Daniel van Smitten kam zu der Überzeugung, daß,
wenn er ſelbſt auch mit Strenge und Konſequenz den
kleinen Neffen auf die rechte Bahn hätte bringen können,
ſeine Frau und Onkel Johann mit übertriebener Nach⸗
giebigkeit alles wieder verderben würden. An Rückkehr
der Eltern war noch nicht zu denken, zudem waren ihnen
noch zwei Kinder geſchenkt worden, die genug waren, um
das unſtäte Leben des Miſſionars und ſeiner Gattin
ſorgenvoll zu machen. Im Einverſtändnis mit ihnen
brachte er Franz in eine gute Penſion der Stadt, wo er
das Gymnaſium beſuchen ſollte, und die kleine Roſy blieb
allein in Marſtein zurück, um das Haus der Verwandten
zu erheitern.
Es bedurfte deſſen bald recht ſehr.
Johann Jürg war ſchon jahrelang von der Gicht
geplagt worden und hatte nach und nach durch die Ruhe,
der er ſich teils gezwungen, teils aus bequemer Neigung
hingab, ſo an Körperumfang zugenommen, daß er ſich ſelbſt
eine Laſt und meiſtens nichts weniger als heiter geſtimmt
war. —
Dennoch betrübte ſein Tod, der überraſchend für alle
drei eintrat, ſeine Schweſter und ſeinen Schwager ſehr
tief, und wenn der letztere auch Zerſtreuung in der groß⸗
artigen Ausdehnung ſeiner Geſchäfte fand, ſo ſchien da⸗
gegen Henriette das Fehlen deſſen, mit dem ſie lebenslang