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„Wo denkſt Du hin, beſter Philipp!“ rief ſeine Frau
lebhafter, als man ihr zugetraut hätte. „Wie könnten
wir von Jutta verlangen, wozu unſer Fräulein da iſt,
daß ſie bei den Kindern bleibt und alles in Ordnung hält,
wenn wir in Geſellſchaft ſind! Nein, ich wünſchte wohl, Jutta
könnie bei uns ſein, aber nur um ſie hrillant zu verheiraten!“
„Jetzt im Sommer und in tiefer Trauer werden wir
alle keine Geſellſchaften beſuchen!“ wandte der Hauptmann
mit gewohnter Knappheit der Rede ein.
„Natürlich nicht! Aber man ſieht doch ſeine nächſten
Freunde. Baron Burgwart wäre eine Partie für Jutta!
Meinſt Du nicht, Philipp?“
„Nein!“ entgegnete er ruhig, und Leonie war ſogleich
überzeugt.
„Sie könnte längſt ausgezeichnet verheiratet ſein!
fuhr ſie fort, „wenn ſie nicht ſo eigenſinnig feſtgehalten
hätte an ihrem Zorn über die kleine Enttäuſchung, wovon
ich Dir einmal erzählt habe! Sie iſt ein merkwürdiges
Mädchen!“
„Ein höchſt liebenswürdiges Weſen!“ ſagte Herr vor
Guttendorf mit nachdenklicher Ruhe.
„Das ſagſt Du und dabei verlangſt Du noch, daß ich
ſie in unſer Haus nehme?“ fragte Leonie, indem ſie den
Kopf ihres Mannes ohne Umſtände zwiſchen ihre Hände
nahm und mit ſchelmiſchem Lächeln in ſein ernſtes, mageres,
unſchönes Geſicht blickte. Der Ausdruck, den es im nächſten
Augenblick gewann, verwandelte es förmlich, indem er, ihre
Hand an ſeine Lippen ziehend, ſagte: „Ich glaube nicht,
daß Du ernſtliche Furcht hegſt!“
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