Full text: Des Herzens Heimat

Roſy kehrte zu ihren Eltern nach Brüſſel zurück, um, 
wie ſie der geliebten Jutta ſchrieb, durch eifriges Sorgen und 
Schaffen, durch mancherlei Selbſtverleugnung das Glück zu 
verdienen, das wie der Sonnenſtrahl durch Morgenwolken, 
ihr verheißungsvoll aus der Zukunft entgegenleuchtete. 
Nina Winter hatte ſich zur Ruhe gefunden, zu äußerer 
Stille, ebenſo ernſt, als ſie früher übermütig und unruhig 
geweſen. Körperlich ebenſo ſehr verändert, ließ ſie ahnen, 
daß ein Wurm in ihrem Innern nagte, der über kurz oder 
lang dem Lebensfaden ein Ende bereiten würde. Es ſchien, 
daß ſie alles dafür vorbereitete. Sie erzog ihren Knaben, 
ſie führte ihren Haushalt und hatte, da bei dem Tode 
ihres Vaters ein großes Erbteil ihr zufiel, die Hälfte davon, 
als den Anteil ihrer verſtorbenen Ilſe, zu einer wohl— 
thätigen Stiftung verwendet. Eine Anſtalt für verwahrloſte 
Kinder war gegründet, und ſchon waren die neuen Gebäude 
und was dazu gehörte, ihrer Beſtimmung übergeben. 
Baron Burgwart hatte den Abſchied genommen und 
war auf Reiſen gegangen, unzufrieden mit dem Schickſal, 
das ihm, wie er klagte, überall Unangenehmes und Schwierig⸗ 
keiten in den Weg warf, während er doch nicht mehr oder 
weniger ſündigte, als viele andere auch. 
Daniel und Jutta lebten zufrieden, ſegensreich für 
ihren Kreis, ſich ſelbſt zu Freude und Segen. Sorgen 
können kommen, Leiden und Mühen des Lebens, die keinem 
Sterblichen erſpart bleiben, aber ſie ſtehen bei einander in 
feſter, treuer Liebe! — Ihr Haus iſt eine Heimat des 
Friedens, ernſter Arbeit, eine Pflegeſtätte alles Schönen und 
Edlen, aber würde ſie auch durch Gottes Rat getroffen von 
Schmerz, verödet und zerſtört, die Brücke iſt gebaut, die hinüber⸗ 
führt von des Herzens irdiſcher Heimat ins ewige Vaterhaus. 
. 
Druck von A. Seydel & Cie., Berlin C., Neue Friedrichſtr. 48.
	        
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