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Burgwart eilig beſtiegen, um nach Marſtein zu fahren, da
ihre bis zur Verirrung geſteigerte Aufregung einen Aus⸗
weg ſuchte. Sie wollte zu Jutla, gegen die ſie nach den
herzloſen Eröffnungen Burgwarts einen brennenden Haß
empfand neben dem ſicheren Vertrauen, daß ſie die einzige
ſei, gegen die ſie ſich ausſprechen könne. Und ausſprechen
mußte ſie ſich. Ihr Elend, der furchtbare Widerſtreit in
ihrem Innern drohte ſie zu erſticken! Sie konnte, ſie wollte
nicht glauben, daß die Liebe, dieſes alles bewältigende,
alles durchſtrahlende Gefühl, auf das ſie gebaut, dem ſie,
wenn es ſein mußte, alles, Gatte und Kinder, Heimat und
Herd opfern wollte, um ein neues Daſein mit ihr zu be⸗
ginnen, daß dieſe Liebe ein Spott, ein Schattenſpiel, eine
bequeme Maske, wie der unglückſelige Menſch ſelbſt geſagt,
geweſen ſein ſollte! — Es war nicht möglich, es wäre
ja zu entſetzlich geweſen! — Nein, Burgwart hatte das
im Zorn geſagt! Sie hatte ihn erbittert durch das Ge⸗
ſtändnis, daß ſie ſelbſt ihn damals an Jutta verraten und
er hatte ſich rächen wollen damit, daß er vor ihren Augen
die Frau, die ihn zweimal verſchmäht, auf den Thron ſeines
Herzens hob, von dem er ſie ſelbſt mit kaltem Hohn verſtieß! —
Konnte das ſein Ernſt ſein? — Aber hatte er nicht
ſchon zu Anfang des Geſprächs ihre leidenſchaftlichen An⸗
forderungen mit beleidigender Gleichgiltigkeit beantwortet?
— Sie wollte es nicht denken, es durfte nicht ſein, Burg⸗
wart durfte ſie nicht verlaſſen und das wollte ſie Jutta
van Smitten ſagen! Sie wollte ſie zur Rede ſtellen,
warum ſie noch jetzt in Burgwarts Gedanken herrſche, und
ſo ſich einer maßloſen Aufregung überlaſſend, fuhr die
verblendete Frau dahin.