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In ſeine eigenen, unklaren und unreinen Empfindungen
für die junge Tante verſtrickt, erſchien es ihm unmöglich,
daß nicht ein junger Mann, wie Herbert, ähnliche hegen
ſollte, ja es ſchien ihm immer wahrſcheinlicher, daß die beiden
ſich im Walde damals nicht zuerſt geſehen, daß alles, was
der Onkel glauben mußte, nur ein abgekartetes Spiel ſei, eine
ſchlaue Komödie, um ein ehemaliges Verhältnis fortzuſetzen.
Seine Art, ſich zu benehmen, ſie beſtändig zu beobachten,
entging bei aller Schlauheit und Geſchmeidigkeit ſeines
Verhaltens Jutta doch nicht ganz und nahm ſie immer
mehr gegen ihn ein. Wäre er ungeſchickt, oder geradezu
ungezogen gegen ſie geweſen, ſie würde ihn mit Güte zu⸗
recht gewieſen, mit Geduld ertragen haben; denn ſo wenig
dies früher der Fall geweſen, jetzt ſchien der Onkel mit
Franz zufrieden zu ſein und ihn nützlich zu finden.
Daher wäre Jutta ihm ebenfalls gern geneigt geweſen,
aber das Lauernde ſeines Weſens, ſein plötzliches Erſcheinen
im Zimmer, ohne daß man ſein Kommen gehört, oder
ſeine Abſicht erfahren hätte, ſein Verweilen hinter einem
Fenſtervorhang, während ſie mit Herrn Herbert plaudernd,
keine Ahnung davon hatte, das mißfiel ihr gründlich.
Sich ſelbſt keines Unrechts, keiner Heimlichkeit bewußt,
war ſie weit entfernt, dies Verhalten des Neffen auf den
Gaſt von Schattenthal beſonders zu beziehen, ſie hatte ja
vom erſten Erblicken an etwas Lauerndes und Heimtückiſches
an ihm gefunden, ſo dachte ſie auch jetzt nur daran, das⸗
ſelbe ebenſo, wie ſonſt ſeine unpaſſende Galanterie halb
ſpöttiſch, halb beläſtigt abzuwehren.
Aber ſie beſſerte damit ſeine Geſinnung nicht und