Full text: Des Herzens Heimat

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Herbert einander, ſingend ſowohl, wie auf dem Inſtrument, 
ſehr harmoniſch begleiten konnten. 
Das gab die herrlichſte Unterhaltung! — Wer weiß 
nicht, wie ſolch' Muſizieren, ſolch' Probieren neuer, ſolch' 
Hervorſuchen alter Lieder amüſiert und feſſelt, ſo daß die 
Beteiligten gar oft vergeſſen, daß die Zuhörer, nicht ganz 
ſo lebhaft intereſſiert, ein Aufhören wünſchen möchten. 
Das war hier freilich nicht der Fall. Jutta war nicht 
rückſichtslos und von zu gutem Takt, um eine Art Unter⸗ 
haltung zu lange auszudehnen, immer war auch ihres Gatten 
Behagen, ſeine Zufriedenheit ihr Hauptaugenmerk. Aber Herr 
van Smitten konnte nicht genug hören, und wenn die beiden 
ſchönen Stimmen die alten, nie veraltenden Mendelsſohnſchen 
Duette ſangen und er, bei der offenen Balkonthür ſitzend, 
damit der Rauch ſeiner Havanna hinaus ziehen konnte, dem 
Schattenſpiel am Boden zuſah, das der volle Mond mit den 
Zweigen der Silberpappeln erregte, während die Luft des 
dämmernden Herbſtabends in das noch nicht erleuchtete 
Zimmer ſtrömte, ſo empfand er ſeine Häuslichkeit wie ein 
Paradies. 
Und Herbert empfand ſie ebenſo. Er hatte noch nie 
recht das volle Behagen glücklichen Familienlebens ge⸗ 
noſſen, in der Heimat, in ſeinen Kindheits⸗ und den erſten 
Jünglingsjahren nicht, weil er keine Mutter mehr, über⸗ 
haupt kein rechtes Vaterhaus hatte und in Amerika nicht, 
weil das dortige Leben und Treiben in dem Hauſe ſeines 
Onkels und Adoptivvaters ihm kein Behagen gab. Es 
war zu raſtlos, zu weitläufig! Jeder that allezeit, was 
er wollte, das war bequem, aber nicht behaglich! — Die 
Innigkeit, die harmoniſche Beſchränkung deutſchen Heim⸗ 
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Cron, Des Herzens Heimat. 13
	        
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