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Aber dies Verſtändnis iſt nicht immer, ja nicht oft
die unbedingte Mitgift der Ehebündniſſe, die, wie man es
nennt, aus Liebe geſchloſſen werden, ebenſo wenig derer,
die ſich aus vernünftigen äußeren Rückſichten, aus Be⸗
rechnung gegenſeitiger Vorteile finden. Es kann ſich jedoch
bei edlen Eigenſchaften und vorhandener Übereinſtimmung
der Gatten in beiden Fällen entwickeln, denn es iſt eine
Sache der Zeit und wächſt langſam, wie jede edlere Pflanze.
Bei Jutta und Daniel war es im Zunehmen geweſen,
bis kürzlich jene Trübung in der Stimmung der jungen
Frau eintrat, die ſie ſelbſt ſtörte und beunruhigte, ohne
daß ſie wußte, woher ſie kam, die der Gatte mit Sorge
bemerkt und auf ein körperliches Unwohlſein zurückführen
zu müſſen glaubte.
Davon war jetzt nicht die leiſeſte Spur mehr vor—
handen. Blühend und friſch, wie eine Roſe im Mai, fröh⸗
lich, wie ein Kind, dem eine Beſcherung verſprochen, war
ſie bei ſeiner Zurückkunft ihm entgegengeeilt, und er hatte
ſie entzückt und glücklich in die Arme geſchloſſen.
Nach den erſten Fragen und Mitteilungen über Be⸗
finden und Reiſe und Sonſtiges, hatte Daniel ſich lebhaft
erkundigt, ob denn der Erbe von Schattenthal, ob Herr
Charles Herbert in Marſtein geweſen und wie er Jutta
gefalle.
„Sehr gut!“ hatte ſie erwidert und mit einem faſt
ſchelmiſchen Lächeln hinzugefügt, daß ſie mit ihrem Mann
und Roſy ganz übereinſtimme, ihn überaus liebenswürdig
zu finden.
„Das freut mich!“ hatte Herr van Smitten geſagt.
„Denn Du weißt, Liebling, daß mir viel daran liegt, ihn