und ihren Freunden abgewendet, um in der Stille des
häuslichen Lebens und frommer Pflichterfüllung ihres Kum⸗
mers Herr zu werden.
Daß ſie es geworden, daß ſie den Treuloſen, Still⸗
geliebten, wo nicht vergeſſen, doch herabgeſtoßen hatte von
dem Thron ihres Herzens, daß ſie die Hand eines andern,
eines edlen Mannes ergriffen, da ſie plötzlich allein und
verwaiſt auf dem ungewiſſen Weg des Lebens ſtand —
konnte er es ihr verargen?
Gewiß nicht! Und bei aller Schwermut, mit der er,
je öfter er ſie ſah, deſto größer den Verluſt empfand, den
er ſelbſt erlitten, hatte er eine tiefe innerliche Freude an
ihr und daneben, ſeltſam genug und doch begreiflich, warme
Sympathie für ihren Gatten.
Vielleicht, daß ſein Herz, denn es iſt oft ein gar
trügeriſches Ding, das menſchliche Herz, — vielleicht, daß
es ihm zuflüſterte, der ſo viel ältere Mann ſei kein ſo
ganz ſiegreicher Nebenbuhler für den einſtigen Geliebten
geweſen, daß ſie nicht ihm anhangen und doch für dieſen
noch in der Tiefe des Herzens den himmliſchen Funken der
erſten Liebe habe bewahren können.
Aber wenn wirklich ſolche Gedanken in ſeiner Seele
aufkeimten, er nährte und pflegte ſie nicht, er geſtattete
ihnen nicht, an die Oberfläche in den hellen Kreis ſeines
klaren Wollens und Denkens einzutreten!
Wie es ſich ihm in der erſten Stunde des Wieder⸗
ſehens gezeigt, rein und offen, der Erinnerung zugänglich,
aber im vollen Bewußtſein ihrer gegenwärtigen Stellung,
ſo faßte er ihr Weſen auf und erwiderte die zutrauliche
Freundſchaft, die ſie ihm zeigte, mit ehrerbietiger Huldigung.