— 172 —
Mann, der die Ehre ſeines Namens vor der Welt zu
vertreten hat, muß anders denken! — Ich durfte Ihre
Teilnahme nicht fordern, Ihre Liebe nicht mehr ſuchen!
Sie, das unſchuldige Mädchen, die Tochter eines Offiziers
noch dazu, konnten keine Gemeinſchaft haben mit dem
Sohn des Verbrechers, der nichts beſſeres thun konnte,
als ſterben, da ſein Leben verdorben war! Aber ich habe
Selbſtmord ſtets für Feigheit gehalten, ſo ſtarb ich denn
nur dem Glück und allem, was ich bis dahin geweſen,
was ich geliebt, erſtrebt und gehofft hatte. Ich ging nach
Amerika zu einem Bruder meiner Mutter, deſſen Namen,
Charles Herbert, ich bei der Taufe erhalten. Er räumte
mir Sohnesrechte ein, meine Kouſinen wurden meine
Schweſtern. Beide ſind jetzt vermählt; ich habe ſie gern,
aber mein Herz hielt an ſeinen Erinnerungen feſt, wenn
auch ohne eine Spur von Hoffnung! Denn, entweder
war die Schmach unſeres Namens aus der entfernten
Provinz bis zu Ihnen gedrungen, ſo wußten Sie, warum
ich Sie aufgeben mußte, oder Sie hatten nichts erfahren
und mußten mich für einen herzloſen Menſchen halten.
Daß der Tod meines Vaters mich bis auf einen
gewiſſen Grad wieder frei und ehrlich machen würde,
bedachte ich nicht, oder wollte es nicht ſo bedenken, um
Hoffnung darauf zu gründen! — Vor einem Vierteljahr
erhielt ich die Nachricht, daß er geſtorben — zu ſpät für
mein Glück!“ —
„Oh, ſagen Sie das nicht, Herr von Hoch—
kranz q...“ entgegnete Jutta bewegt, aber er unterbrach
ſie ſchnell, indem er wie flehend, aber abwehrend die
Hand erhob.