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für ſie nicht arm an Schönheit, ſie liebte ſeinen friſchen
Hauch und war eine geſchickte Schlittſchuhläuferin. Trieb
er es aber zu arg mit Sturm, Schnee oder Regen, ſo
hatte ſie im behaglich eleganten Wohnzimmer ein intereſſan⸗
tes Buch, das ſie um ſo mehr lockte, je gewiſſenhafter ſie
erſt mit dem Papa eine Partie Schach ſpielte, die er nicht
immer gewann.
Ihr lag daher wenig daran, daß er ſich nur auf eine
ſehr mäßige Beteiligung an den geſelligen Freuden der
kleinen Honoratiorenſchaft der Stadt einließ, ſie blieben der⸗
ſelben ziemlich fremd bis auf einzelne Perſönlichkeiten, die
ihnen, teils durch beharrliches Entgegenkommen, teils durch
die Notwendigkeit des Lebens näher traten.
Aber es waren dies keine Verbindungen, die für Jutta
Gelegenheit gegeben hätten, bewundert und umworben zu
werden; die hübſchen Mädchen von Brunnweiler ließen ſich
dies viel angelegener ſein, als ſie, und wer der gewöhnlichen
Welt nicht mit Zuvorkommenheit entgegenkommt, den über⸗
läßt ſie bald der Vergeſſenheit.
Eine vertraute Freundin hatte Jutta gewonnen, was
nicht wenig beitrug, ihr ſtilles Leben zu verſchönen, aber
Eveline war keine reiche, elegante junge Dame, ſondern
Lehrerin an der Töchterſchule und lebte in den beſcheiden⸗
ſten Verhältniſſen bei ihren Eltern.
Daraus erwuchs für die Tochter des Oberſt Römer
der Vorteil, daß ſie die Freundin weit mehr bei ſich, in
ihrer ſchönen Häuslichkeit ſah, wo beide Mädchen plaudern,
leſen oder muſizieren konnten, ſo viel ſie wollten, während
in Evelinens Vaterhauſe eine Schar jüngerer Geſchwiſter
keine rechte Ruhe ließ. —