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ſtumm das kleine Haupt. »„Geſteh' es nur offen, liebe Ste⸗
phanie“ — fuhr Tabea mit verhaltenem Schmerze fort —
»ſind doch meine Füße ſchon wund gegaͤngen, die lange
nicht ſo zarte Haut haben als die deinigen.“ —
„Du haſt mich ja oft getragen“ — erwiederte Stephanie.
„Nur kurze Strecken mein Kind,“ — ſprach Tabea —
»ſo lange als es meine Arme aushielten.“
Stephanie ſchwieg und ſetzte ihren Weg mit ſichtlicher
Anſtrengung fort. Dieß gewahrend hob Tabea wieder an:
»Kind! getrauſt du dich wohl, noch bis zu jenem Hügel
zu gehen? Vielleicht entdecken wir von dort aus ein Dorf
oder auch nur einen Baum, in deſſen Schatten wir uns
lagern können.“
„O ja!“ verſetzte Stephanie kleinlaut.
„Ich will dich wieder auf die Arme nehmen“ — ſprach
Tabea beſorgt.
„Ach nein, gehen kann ich ſchon! — antwortete das
Kind — „aber —
„Nun? /
„Aber, mein Kopf thut mir ein Bischen weh. “
Heftig erſchrack Tabea. Ihr fiel die Sunamitin aus
der Bibel ein, deren Sohn zum Vater hinaus aufs Feld
gegangen war, von der Hitze den Sonnenſtich bekommen
und nach wenig Stunden den Tod davon getragen hatte.
Dort hatte zwar der Prophet Eliſa den Knaben wieder
vom Tode erweckt: allein, wo war hier ein ſolcher Retter
zu hoffen?
Tabea's Sorge zu vermehren, lallte jetzt der kleine
Beliſar auf ihrer Achſel: „Trinken!“
Forſchend ſchüttelte ihre Rechte die Kürbisflaſche an
ihrer Seite, obſchon ſie recht gut wußte, daß ſie vorhin
den letzten Reſt laulichten Waſſers dem kleinen Begehrlichen
Nieritz, Beliſar. 2