Full text: Belisar

11⁴ 
dringend bedarf?“ fragte Beliſar die Seinen. „Soll ich 
länger in Finſterniß wandeln? mit immer wiederkehrenden 
Schmerzen kämpfen müſſen? Ach, ſeitdem ich weiß, daß 
mein Erlöſer lebt, der mich wieder aus der Erde aufer— 
wecken und Gott ſehen laſſen wird, gehe ich mit Freuden 
meinem Ende entgegen. Deutlich empfinde ich, wie lang⸗ 
ſamer und ſtockender das Blut in meinen Adern rinnt, 
und wohl zum letzten Male werde ich hier auf dieſem 
Hügel geweſen ſein. Darum richtet, meine Kinder, mein 
geblendetes Antlitz noch einmal der ſtolzen Hauptſtadt zu, 
der Zeugin meines eiteln Ruhms und meines Unglücks, 
damit ich auch von ihr Aſchied nehme auf immer.“ 
Indem man Beliſars Willen erfüllte, rief Seleucon 
haſtig: „Welch ein unabſehbares Volk nahet ſich auf dem 
Wege von Conſtantinopel daher? Einzelne Reiter löſen 
ſich von dem Haufen und nehmen nach uns ihre Rich— 
tung. . 
„Ich muß dir nur ſagen, Vater,“ ſprach jetzt Ste— 
phanie ängſtlich — „daß heute um die Mittagszeit ein 
Bote, mit Schweiß und Staub bedeckt, aus Conſtantinopel 
kam und mich befragte, ob du dich bei uns befändeſt?“ 
„Es wird mein Todesbote geweſen ſein“ — verſetzte 
Beliſar lächelnd. 
„Heil! Heil! dem großen Beliſar!“ erſchallte es jetzt 
mehrſtimmig, und näher kamen die Reiter auf ſchäumenden 
Roſſen gejagt, jeder den Vorſprung vor dem Andern zu 
gewinnen trachtend. 
„Heil und Ruhm unſerm unüberwindlichen Feldherrn 
Beliſar!“ ſchrie wieder der voranſtürmende Reiter. 
„Hörſt du, Vater! was dieſe rufen?“ ſprachen die 
Kinder in frohem Staunen. 
Dieſer aber ſaß unbeweglich mit verſteinerter Miene
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.