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Im Gegentheil, er hatte mitten in der Belagerung noch Gold
für ſeinen Herzog. Dieſer war von den Kaiſerlichen von Land
und Leuten vertrieben und ſaß in der Stadt Straßburg. Weil
aber das mitgenommene Geld alle geworden war, gerieth er mit
ſeiner Familie und ſeinem Hofe in große Noth. Es war Alles
alle geworden. Aber bei Conrad noch nicht. Dieſer hörte von
der Noth ſeines Fürſten. Es mußte geholfen werden. Er ließ
einen dicken Knotenſtock aushöhlen. Dieſen füllte er von un⸗
ten an bis oben auf mit guten Goldſtücken und gab ihn in die
Hand eines treuen Soldaten. In ein Bettlergewand gehüllt,
ſchlich ſich dieſer durch die feindlichen Schaaren, kam glücklich
nach Straßburg und brachte ſeinem Herrn einen ſchönen Gruß
von dem Commandanten und den ſchweren Stock. —
Das laßt Ihr Euch ſchon eher gefallen. Aber es iſt doch
nur unſre zweite Treppenſtufe. Wir haben noch eine höhere,
von der das Waſſer auf die andern herunterfließt. Conrad
Wiederhold war ein treuer Chriſt. Auf welchen Glauben er
lebte und ſtarb, das ſoll unſer Beſchluß ſein. Jetzt möchte ich Euch
Züge aus ſeinem thätigen Chriſtenthume vorlegen. Täglich
war ſein Tiſch für Arme, Kranke und Verwundete gedeckt. Die
Frau Wiederhold paßte vortrefflich zu dem Manne. Es thut
mir leid, daß ich Euch nicht ſagen kann, wie ſie geheißen hat.
Sie pflegte, ſpeiſ'te, tränkte und verband, wie wenn ſie hinter
dem Buſch geſtanden hätte, als der barmherzige Samariter den
unter die Räuber Gefallenen aufhob. Ich glaube, ſie hatte es
auch. Aber wir bleiben beim Manne, denn von der Frau iſt uns
nicht viel berichtet.
Einſt fehlte der Feſtung ein Prediger. Krieg und Seuchen
hatten damals auch den Prediger- und Schulſtand dünn ge—
macht. Die Univerſitaäͤten und Schulen waren faſt gänzlich zer⸗