Full text: Blüthen und Früchte aus dem Garten des Lebens

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Wiederhold war unerſchöpflich in allerlei Liſt, den Feinden den 
Vortheil abzugewinnen und Schrecken einzujagen. Als der Kur⸗ 
fürſt von Baiern vor der Feſtung lag, bemerkte der Comman⸗ 
dant, daß täglich eine Schaar Baiern in einer Kelter Wache 
hielt, ſie aber des Nachts wieder verließ. In der Nacht ſandte 
er etliche ſeiner Leute hinunter und ließ unter dem Heerde, 
wo die Baiern zu kochen pflegten, eine Granate einſcharren. 
Am folgenden Tage beſetzten die Baiern die Kelter wieder und 
fingen nach Gewohnheit an zu kochen. Kaum aber brannte das 
Feuer, ſo entzündete ſich die Granate, und die Kelter flog mit 
einer großen Anzahl von Feinden in die Luft. — Ein ander⸗ 
mal ließ er lange Spieße mit Haken verfertigen. Mit dieſen 
ſchickte er die kühnſten ſeiner Leute hinunter in das Gebüſch am 
Feſtungswalle. Ritten nun feindliche Reiter vorüber, ſo wur⸗ 
den ſie durch die Hakenmänner von den Pferden, und als Ge⸗ 
fangene zu ihnen hinaufgezogen. Solche Gefangene nannte 
man Angelreiter. — 
Dieſe Geſchichten wehen Euch kalt an, liebe Leſer. Mancher 
ſchüttelt den Kopf darüber. Aber Kriegsthaten können nur aus 
dem Kriege beurtheilt werden. So lange Krieg in der Welt 
iſt, wird auch ſolche Liſt ihr Recht und ihre Ehre haben. — 
Aber ich halte Euch dabei nicht länger auf. Ich gehe hin— 
über zu der ſtillen Treue gegen ſeinen Fürſten, die in 
der Bruſt dieſes Mannes wie eine heilige Kohle glühte und 
nicht verloſch. So feſt, wie ſein Arm und ſein Fels gegen den 
Sturm war, ſo feſt war ſein Herz gegen alle Beſtechung. Die 
glänzendſten Verſprechungen wurden ihm gemacht, wenn er die 
Feſtung übergeben wollte. Aber er wankte keinen Augenblick. 
Endlich kam es Keinem mehr in den Sinn, mit goldenen 
Mauerbrechern an dem Manne und ſeinen Mauern zu rütteln. 
Blüthen und Früchte. 3
	        
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