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Der Kaufmann hatte mit Gewalt ſeine Thränen unter⸗
drückt, jetzt aber brachen ſie unaufhaltſam hervor.
Ihr Vater,“ ſagte er, „iſt ein von Gott reich geſegneter
Mann, denn in Ihnen hat er einen reichen Schatz; aber ich
erkenne es, er iſt auch ein braver Mann, denn nur ein ſol⸗
cher kann ſolch' ein Kind erziehen. Ich danke Gott,“ fuhr er
fort, „daß er Sie zu mir geführt hat; denn Sie ſind mir ein
guter Engel geworden, der mein Herz von einer Härte heilt,
die ihm ein nichtswürdiger Betrüger eingeflößt hat. Gehen
Sie hin. Ihr Vater iſt frei, aber kehren Sie bald wieder mit
ihm zurück, ich muß mit ihm reden.“
Schnell ſchrieb er nun ſeinen Entſchluß dem Gericht, ſandte
das Schreiben ab, und Mortier war frei.
Unausſprechlich war Adelinen's Glück. Unausſprechlich
war ihre Freude, daß ſie ihrem theuren Vater die Freiheit an⸗
kündigen durfte. Wie ſtaunte der Vater! Wie innig dankten
beide Gott! Wie innig ſegnete er ſein vortreffliches Kind!
Noch aber kannte er nicht Alles, was ſie gethan. Erſt als
er mit Adeline zu dem Kaufmanne kam und dieſer mit der in⸗
nigſten Bewunderung dem Vater ſagte, was ſie gethan, ſchloß
er ſie unter Thränen an ſein glückliches Vaterherz.
„Ehe wir weiter von dem reden, was ſich auf unſer Ge⸗
ſchäft bezieht,“ ſagte der Kaufmann, „muß ich Sie, Herr
Mortier, bitten, daß Sie mir geſtatten, Ihre Tochter bei'm
Worte zu nehmen. Sie hat ſich mir als Unterpfand für Sie
eingeſetzt, und ſie ſoll es mir bleiben; aber nicht als Dienſt⸗
mädchen, ſondern als liebes Kind ſoll ſie bei uns leben, daß
wir ihr ſchönes Herz noch genauer kennen lernen können.“
Der glückliche Vater gab es gerne zu und eilte nach Rheims,
um ſeine Gattin ihrem Leid zu entheben.