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einen Pennh geringer wäre,“ erwiderte mit edlem Stolze der
junge Britte.
„Braver Junge!“ rief mit unwillkürlicher Bewegung der
Kaiſer aus und betrachtete ihn mit wachſender Theilnahme.
„Aber ſprich,“ fuhr er halblächelnd fort, „haſt Du nicht etwa
eine Braut daheim, die eben ſo viel Antheil an Deiner Sehn⸗
ſucht hat, als die Liebe zum Vaterlande?“
„Nein!“ ſprach Tom, und das Gefühl brachte eine Thräne
in ſeine Augen; „aber eine Mutter hab' ich in meiner Hei⸗
math, die in Kummer vergeht; die ohne meine Unterſtützung
darbt; zu der mich die kindliche Liebe hinzieht. Ich will's be⸗
kennen, die Liebe zu ihr hat mehr Antheil an meinem Stre⸗
ben, die Freiheit zu erlangen, als die zum Vaterlande!“ —
Er faltete ſeine Hände, blickte nach oben und ſprach aus dem
Innerſten ſeiner bewegten Seele: „O Gott, meine theure
Mutter, wenn ſie wüßte, wie es um mich ſteht!“ —
Napoleon, der kalte ſelbſtſüchtige Eroberer, für deſſen
Ehrgeiz Europa zu klein war — fühlte hier die Macht ei⸗
nes heiligen Gefühls in der eigenen Bruſt. Sein Auge
wurde feucht. Eine Weile ſah er an den Boden, als wollte
er ſo Herr werden über das Menſchliche, das ſeine Seele be⸗
ſchlich; dann richtete er mit dem Ausdrucke der aufrichtigſten
Theilnahme ſein Auge wieder auf den Jüngling.
„Mußt Du Deine betagte Mutter ernähren?“ fragte er.
„Ja,“ ſprach Tom, „ich bin zur See gegangen, um ihr
meinen Matroſenlohn zu geben und ſie ſo vor Noth zu ſchützen,
und hatte Ausſicht zu einer einträglichern Stelle, als ich
gefangen genommen wurde. So wurden alle meine Hoffnungen
vernichtet und meine theure Mutter darbt!“
Napoleon, noch immer von tiefem Mitgefühle bewegt, ſah