Full text: Äsops Fabeln für die Jugend

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„Jetzt, mein Herr!“ rief ein andrer Begleiter, „jetzt haben 
Sie gut ſprechen, da Sie das Gegenteil nicht mehr zeigen 
können. Das hätten Sie ſagen müſſen, als unſer Freund 
noch lebte und er noch zu retten war.“ 
Sprich und hilf zur rechten Zeit; Worte machen keinen Meiſter! 
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Das alte Mütterchen und der Arzt. 
Ein altes Mütterchen litt ſehr an den Augen. Sie ließ 
einen Arzt kommen und verſprach ihm, ihn gut zu belohnen, 
wenn er ſie wiederherſtelle; im entgegengeſetzten Fall aber ſei 
ſie nicht verbunden, ihm ſeine Mühe und ſeine Gänge zu 
bezahlen. 
Der Arzt begann die Kur, legte ihr eine Salbe auf die 
Augen und verordnete ihr, bis zu ihrer Geneſung im Dunkeln 
zu bleiben. Um ſich im voraus zu entſchädigen, nahm der 
Arzt jedesmal, wenn er die Kranke beſuchte, ein Stück ihres 
Hausrates mit, ſo daß die gute Frau, als ſie die Augen 
wieder öffnen konnte, faſt ihr ganzes Zimmer leer fand. 
Als der Arzt nun, wie verabredet, ſeine Belohnung for— 
derte, ſprach ſie zu ihm: „Ich würde Ihnen den Lohn nicht 
vorenthalten, wenn ich hergeſtellt wäre! Vor der Kur ſah ich 
noch ſehr vielen Hausrat in meinem Zimmer und jetzt, da 
Sie mich für geheilt erklären, ſehe ich gar nichts mehr.“ 
Anrecht kommt an den Tag und wird mit ſeinen eignen 
Waffen beſtraft. 
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