Der Adler und der Fuchs.
Ein Adler horſtete auf einer Eiche, der Fuchs aber hatte
das Loch zu ſeinem Bau unten an derſelben. Dieſe Nachbar—
ſchaft ſchien eine zärtliche Freundſchaft zur Folge zu haben.
Aber ach, wie wenig aufrichtig war ſie!
Als der Fuchs einmal des Abends auf Raub ausging
und der Adler gerade dieſen Tag über aus Mangel an Beute
mit ſeinen Jungen hatte faſten müſſen, glaubte er, der Hunger
hebe jede Rückſicht der Freundſchaft auf, ſtürzte ſich auf
die Füchschen, trug ſie in ſeinen Horſt und verſchlang ſie
mit ſeinen Jungen; ein leckeres Mahl für ſie und ihn! Kaum
war der Fuchs zurückgekehrt, als er auch ſeine Jungen ver—
mißte und den Frevel ſogleich ahnte. Ergrimmt über dieſe
Verletzung der Freundſchaft und von ſeinem Schmerz ge—
trieben, ſtieß er eine Flut von Schmähungen gegen ſeinen
früheren Freund, der nun ſein heftigſter Feind geworden
war, aus. And weil er ſonſt kein Mittel ſah, ſich zu rächen,
flehte er den Zorn der Götter auf den Adler herab.
Ruhig und mit höhniſcher Miene ſchaute der Adler auf
den erbitterten Fuchs, denn er ahnte nicht, daß ſo bald die
verdiente Strafe folgen würde.
In der Nachbarſchaft war nämlich ein Feſt und die Land—
leute opferten ihren Göttern. Als die Eingeweide ange—
zündet wurden, flog der Adler hinzu, raubte nach ſeiner Ge—
wohnheit ein Stück und trug es in ſein Neſt. Allein ohne
ſein Wiſſen war glimmende Aſche an dieſem Stück hängen