Der Geizige.
Ein ſehr geiziger Mann, für den nur das Geld Reiz
hatte, verkaufte ſein Haus, ſeine Äcker, kurz alles, was er
beſaß, ſchmelzte das daraus gelöſte Geld in eine Maſſe, und
verſcharrte ſie in die Erde. Täglich beſuchte er dieſen Ort,
täglich war es ſeine größte Luſt, ſeinen Schatz zu beſchauen.
Ein Nachbar, der viel in jener Gegend beſchäftigt war, ſah ihm
0—8 zu, wie er die Erde auf- und wieder zuſcharrte, und wie
in Geſicht vor Freude glänzte, wenn er wieder wegging. —
Als er einmal abweſend war, ging der Nachbar hin,
grub die Erde auf und fand zu ſeinem Erſtaunen den Schatz.
Kurz entſchloſſen, nahm er ihn mit. Wer ſchildert aber den
Schrecken des Geizigen, als er am andern Tage ſeinen Schatz
G
nicht mehr fand.
In voller e raufte er ſein Haar aus und
klagte Gott und die Menſchen an. ö
Ein Vorübergehender fragte ihn um ſeinen Schmerz, und
als er dieſem ſein Unglück unter Tränen mitteilte, ſuchte ihn
derſelbe zu tröſten. „Weine nicht,“ ſprach er, „denn du haſt
nach meinem Dafürhalten keinen ſo großen Verluſt erlitten.
Nimm einen Stein von demſelben Umfange, wie dein Schatz
war, vergrabe ihn eben dort, wo du das Geld hatteſt, und
denke dir, es ſei ein Goldklumpen, ſo kann der Anterſchied
dir nicht auffallen. Dir bringt das Gold ja ebenſowenig
Nutzen wie der Stein.“
Nicht der Beſitz des Geldes, ſondern die vernünftige Ver—
wendung desſelben bringt Segen.