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Du wolleſt mir ſagen, wie es mir denn auch künftig im
Leben ergehen wird.“ Da wollte der Zwerg lange nicht
antworten, aber Siegfried drang ſo lange in ihn, bis
er in ſein Begehren willigte. „Ich fürchte ſehr, es wird
Dir nicht zum Beſten gefallen, was ich Dir zu ſagen
habe,“ ſprach Egwald. „Wiſſe, daß Du das ſchöne
Weib, welches Du da heim führeſt, nur acht Jahre
beſitzen wirſt, alsdann wird Dir auf mörderiſche Weiſe
Dein Leben genommen werden. Aber Dein Weib wird
Deinen Tod rächen, und wird mancher tapfere Held
darüber das Leben verlieren! Zuletzt wird auch Dein
Weib im Kampfe verſcheiden.“ „Was Gott will, das
geſchehe!“ ſagte Siegfried. „Da mein Tod ſo wohl ge—
rächt werden ſoll, ſo begehre ich auch den Thäter nicht
zu erfahren, und frage Dich nicht weiter.“ Dieſes Ge—
ſpräch hatte die ſchöne Florigunde nicht gehört, denn
ſie ritt vor ihnen eine gute Strecke. Als ſie aber die
Jungfrau eingeholt hatten, da duldete Siegfried nicht,
daß ihn der Zwerg länger begleite, ſondern beurlaubte
ſich von ihm, der dann mit weinenden Augen Abſchied
nahm, und zurück in ſeinen Berg ging.
Siegfried aber gedachte jetzt des Schatzes, den er
im hohlen Geſtein entdeckt hatte, und von dem er
glaubte, daß er des Drachen oder des Rieſen ſey, da—
her er ihn als einen guten Fund betrachtete. Denn an
die Zwerge dachte er dabei gar nicht. Er kehrte daher
mit der Jungfrau um, und ſagte: „Den Schatz wollen
wir doch nicht dahinten laſſen; habe ich den Drachenſtein
mit Gefahr meines Lebens gewonnen, ſo kann auch der