Full text:

34 
Leben ſo friſch für mich gewagt habt?“ Da erzählten ſie 
eines dem andern nach Herzensluſt ihre Abentheuer, 
und als die Jungfrau erfuhr, daß es einzig und allein 
ihr junges Leben geweſen ſey, das den Helden zu die— 
ſer gefäͤhrlichen Reiſe bewogen, da floſſen ihr die Zäh— 
ren über die Wangen; ſie zog einen ſchönen Ring mit 
köſtlichen Diamanten von ihrer Hand, und ſteckte ihn 
dem Ritter an ſeinen Finger. Er aber, der eine ſo 
edle Gabe nicht unvergolten laſſen wollte, nahm die gol— 
dene Kette, die ihm an König Gilbald's Hofe im Tur⸗ 
nier zu Theil geworden war, von ſeinem Halſe, und 
hing ſie der Jungfrau um. Mit dieſen Geſchenken ward 
ihrer beider Liebe beſtätigt. 
Unter den Geſprächen war bereits die Sonne 
hinter dem Gebirge untergegangen; die ſchwarzen Nacht— 
wolken überzogen den blauen Himmel, und Siegfried's 
Augen fingen an zuzufallen. Wie die ſchöne Florigunde 
dieſes ſah, wendete ſie ſich an den Zwerg Egwald und bat 
ihn, dafür zu ſorgen, daß der Ritter zur Ruhe kom— 
men möchte. Da wurde der Ritter vor ein köſtliches Bett 
geführt, das mit einer ſchönen ſammtenen Decke zugedeckt 
war, auf der ſich die Geſtirne des Himmels kunſtreich 
eingewirkt befanden. Siegfried lächelte und ſprach: 
„Bisher habe ich unter dem geſtirnten Himmel geſchla— 
fen, wie wohl wird es mir nun unter dieſem ſammte— 
nen Himmel ſchmecken!“ An einer andern Stelle war 
Florigunden ein eben ſo köſtliches Lager bereitet. Da 
ſagten ſich die beiden gute Nacht, und als jedes ſein 
Gebet gethan, und ſich Gott befohlen, ſchliefen ſie ruhig
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.