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Orte ſtände, und ſich deßhalb nach dem Waſſer beuge,
weil er gerne trinken möchte. Er denke auch gar nicht
anders, als daß der niedrigſte Aſt der Schnabel des
Baumes ſey, den er nach dem Trunke ausſtrecke. Die
Schildbürger ſaßen ganz kurz zu Rathe, ſie dachten ein
Werk der Barmherzigkeit zu thun, wenn ſie ihm zu
trinken gäben, deßwegen legten ſie ein großes Seil oben
um den Baum, ſtellten ſich jenſeits des Waſſers, und
zogen den Baum mit Gewalt herunter, indem ſie glaub⸗
ten, ihn auf dieſe Weiſe tränken zu können. Als ſie
ihn ganz nahe bei dem Waſſer hatten, befahlen ſie ei⸗
nem ihrer Mitbürger, auf den Baum zu ſteigen, und
ihm den Schnabel vollends ins Waſſer zu tunken. In⸗
dem nun der Mann hinaufſteigt und den Aſt hinunter
zwängt, ſo bricht den andern Bauern das Seil; der
Baum ſchnellt wieder über ſich, und ein harter Aſt
ſchlägt dem Bauern den Kopf ab, daß er ins Waſſer
fällt, der Körper aber purzelt vom Baume herab und
hat keinen Kopf mehr.
Darüber erſchracken die Schildbürger und hielten
auf der Stelle eine Umfrage: „Ob er denn auch einen
Kopf gehabt habe, als er auf den Baum geſtiegen ſey 4
Aber da wollte keiner etwas wiſſen. Endlich ſagte der
Schuldheiß: „Er ſey ſo ziemlich überzeugt, daß derſelbe
keinen gehabt habe. Denn er habe ihm drei oder vier
Mal gerufen, aber nie eine Antwort von ihm gehört.
Mithin müſſe er keine Ohren gehabt haben, folglich auch
keinen Kopf. Doch wiſſe er es nicht ſo ganz eigentlich.
Darum ſey ſein Rath, man ſollte Jemand heim zu
Schwab, Geſchichten u. Sagen. I. 28