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Nun hatten ſich in dem Gebirge auch zwei Brüder des
Zwergenkönigs Egwald aufgehalten, welche den großen
Schatz ihres Vaters daſelbſt hüteten. Als nun die
Zwerge alle davon flohen, verſteckten ſie den Schatz in
ein hohles Geſtein, dicht an der ſteinernen Wand, unter
dem Drachenſtein. Der Zwergenkönig Egwald aber
wußte ebenſowenig, daß das Zwergenvolk geflohen war,
als daß ſeine Brüder den Schatz verſteckt hätten; denn
er hatte ſich ſchon früher verborgen, um abzuwarten,
wie der erſchreckliche Kampf ablaufen würde, um im
Falle der Noth Siegfrieden mit ſeiner Kunſt dienen zu
können. Denn wenn der Held überwunden worden wäre,
ſo wären auch die Zwerge alle des Todes geweſen, weil
der Drache wußte, daß ſie Kundſchaft von ſeinem
Steine hatten.
Wie nun Siegfried die große Hitze, die von dem Dra⸗
chen ausgieng, nicht länger ausſtehen konnte, weil ihm
ſein Hornüberzug am Leibe weich zu werden anfieng,
da floh er zu der Jungfrau in die Tiefe des Geklüftes, bis
ſein Horn wieder erhartet war, und ſich die große Gluth
auf dem Stein etwas vermindert hatte. In der Zeit nun
entdeckte er den überaus großen Schatz, den die Zwerge da
verſteckt hatten. Er war aber der Meinung, der Lind—
wurm oder Drache werde denſelben hier verborgen ha—
ben, um ihn zu ſich zu nehmen, wenn er wieder zum
Menſchen geworden wäre; oder aber, der Schatz könnte
dem erſchlagenen Rieſen zugehört haben; daß die Herr—
lichkeiten des Zwergenkönigs Egwald Eigenthum ſeyen,
das kam ihm nicht in den Sinn.