Full text:

27 
er zu ihr: „Verzage nicht, meine Geliebte, Gott wird 
ſchon helfen!“ — „Ach mein lieber Herr,“ erwiederte die 
Jungfrau, „wenn euch auch die ganze Welt beiſtände, 
ſo wäre es jetzt doch um euch geſchehen 14 — „Nein,“ ſagte 
der Held, „ſo pflegen wohl die Frauen zu reden, aber 
ein Rittersmann denkt anders. So lange Gott und ich bei 
dir ſind, hat es keine Noth. Wenn Gott es nicht will, wer 
will uns das Leben nehmen, das uns Gott gegeben hat 2⸗ 
Während die zwei Liebenden noch in ſolchem Ge— 
ſpräche waren, ſiehe da kam der Drache daher gefahren, 
und das Feuer flog dreier brennenden Rieſenſpieße lang vor 
ihm her; ſo daß ringsum davon der Fels erhitzt und 
in Flammen geſetzt wurde. In ſeinem Fluge ſtieß der 
Drache mit ſolcher Wuth an einen Stein, daß dieſer 
borſt, und zitterte, als wollte er ganz zerbröckeln, ſo daß 
Siegfried und die Jungfrau, die unter dem Felſen in 
der Kluft ſaßen, meinten, er würde zuſammenfallen und 
ſie bedecken, denn ſie hatten ſich vor der großen Hitze 
tief unter die Höhle begeben, bis das hölliſche Feuer 
des Drachen ein wenig verglommen und verdämpft wäre⸗ 
Dieſer Drache war vor Zeiten ein ſchmucker Jüng⸗ 
ing geweſen, und von einem Zauberweibe verwünſcht 
worden, ſo daß der leibhaftige Satan in ihm war, 
dem er auch mit Leib und Seele dienen mußte. Doch 
hatte er menſchlichen Verſtand behalten, und beſaß 
ſeltene Fähigkeiten des Geiſtes. Die Jungfrau hatte er 
geraubt in der Abſicht, ſie nach fünf Jahren, wo ſeine 
Verzauberung vorüber und er wieder ein Menſch ge— 
worden wäre, zu heirathen. Nun lebte zwar Flori⸗
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.