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finden. Bald darauf verließen ſie das Haus, nachdem
ſie das weinende Mädchen durch freundliche Zuſagen be—
ruhigt, auch der Mutter Unwillen gegen die Tochter durch
eindringliche Vorſtellungen gemildert hatten. Früh am
folgenden Morgen fuhren ſie nach dem Gerichtshauſe.
Bei ihrem Eintritt in den Saal ſah ſich Adele nach Lucien
um und erblickte ſie dem Platze des Gefangenen gegenüber,
ihn von Zeit zu Zeit durch einen Blick der Erkennung
und durch ein Lächeln zu ermuthigen. Doch aller ihrer
Anſtrengungen zum Trotz war dies Lächeln nur ein ſehr
trauriges: denn ſo voll und ſchwer war ihr das Herz,
und die Erſcheinung der Gerichtsherren nicht geeignet,
ihre Hoffnung zu ſtärken. Andreas betheuerte ſeine Un⸗
ſchuld, ſeine gänzliche Unwiſſenheit des Inhalts der Brief⸗
taſche, die ſein Bekannter ihm in die Hand geſchoben
hatte. Allein ſeine Vertraulichkeit mit dergleichen Leuten
ſprach allzu ſehr gegen ihn. Giraud und ſein Genoſſe
waren der Polizei wohl bekannt als höchſt verworfene,
übel berüchtigte Geſellen und der Verkehr mit ihnen konnte
nur Verdacht erwecken. So that denn des Gefangenen
Ausſage wenig Wirkung auf die Anſicht des Richters,
welcher, während Andreas ſprach, zweifelnd den Kopf
ſchüttelte. Darauf berichteten die beiden Damen Alles,
was in ihrer Gegenwart vorgegangen war, beſchrieben des
jungen Mannes unbefangene, ſorgloſe Miene, mit der er
das Taſchenbuch hingenommen, und ſuchten zu beweiſen,