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und ruhe bis der Morgen dämmert; ich will Wache hal—
ten.“ — So ſtreckte ſich denn das Mädchen auf das
Laubbette hin, ſchlang einen Arm um den Knaben und
war bald in feſtem Schlafe. Michel breitete ihren Mantel
über beide Schläfer aus, und als er nun vor ihnen da⸗
ſtand und auf die ſo ſüß und unſchuldig Schlummernde
mit ſeinem Kinde im Arm hinblickte, ſagte er zu ſich ſelbſt:
„Bin ich denn blind geweſen, daß ich dieſen Schatz ſo
lange ſchon vor Augen hatte und ihn dennoch nicht er—
kannte? Ich hielt Fanchon noch für ein Kind; allein, wenn
auch klein und zart, wie ein junges Reh, iſt ſie doch
kräftig, liebevoll, verſtändig und brav, kurz, ganz wie eine
gute Frau ſein muß, und gewiß, jeder Mann könnte ſie
auf Glauben zum Weibe nehmen. Was hilft das aber
mir?“ rief er aus, indem er ſich traurig abwandte.
„Vater und Mutter würden ja doch nie zugeben, daß
ich ſie heirathete, ſelbſt, wenn ſie mich wollte.“ Soviel
er aber auch ſein Herz durch Vernunftsgründe zu be⸗
ſchwichtigen ſuchte, konnte er doch des Gedankens nicht
Herr werden, daß er mit Fanchon allein glücklich ſein und
nun nie mehr an eine andre Frau denken könne. —
Unterdeſſen hatte der Nebel ſich zertheilt, es tropfte nicht
mehr, und da der Mond nun ſo klar am Himmel ſtand,
daß in ſeinem Lichte alle Gegenſtände deutlich hervortraten,
hielt er es für rathſam, die Schläfer zu wecken, um den
verlornen Weg wieder aufzuſuchen. Fanchon war noch