Full text: Aus Tagen deutscher Not

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unter der zweifelhaften Geſellſchaft einen Menſchen gefunden zu 
haben, den ich für brap und ehrlich halte und für treu!“ 
„Das bin ich, und will's dir beweiſen, wo ich kann!“ rief 
der Burſche und drückte ſeinem Freunde warm die Hand. 
Einige Tage ſpäter gingen die zwei nach dem Schloſſe, wo 
auch eine Anzahl von Leidensgefährten untergebracht war. Sie 
lagerten, da die Zeit des Exerzierens vorbei war, im Hofe und 
unterhielten ſich jeder in ſeiner Weiſe und nach Maßgabe ſeines 
Geldbeutels. Es wurde getrunken, geſpielt und geſungen, und 
das im ganzen widerliche Treiben ſtieß die Beiden ab, ſo daß ſie 
eben wieder zum Tore hinausgehen wollten, als ſie eine Stimme 
hörten: 
„Bol' mich der HBenker, wenn das nicht der Pariſer Student 
und der Schmied ſind! Bei, wer hat Recht gehabt mit Heſſen⸗ 
Kaſſel?“ Da ſtand der hagere Schneider, um deſſen Glieder 
die Uniform ein wenig ſchlotterte, und ſtreckte ſeinen Wander— 
gefährten die Hände hin. Sie konnten die Vertraulichkeit nicht 
abweiſen, ja ſie mußten es ſich gefallen laſſen, daß Dornbuſch 
ihnen ſeinen Krug anbot. 
„Der Wein iſt ehrlich, aber teuer bezahlt mit meiner Haut, 
in die mir die Amerikaner vielleicht ein Loch ſchießen. Laßt 
euch's ſchmecken — es freut mich, daß ich euch auch etwas bieten 
kann und tut nicht ſo vornehm! Setzt euch zu uns, wir ſind ſo 
luſtig, als es eben ſein kann!“ 
Da auch andere riefen, begaben ſich die Beiden zu ihnen; 
ſie mußten berichten, wie ſie in den Soldatenrock kamen, und die 
übrigen taten es auch. Der Schneider war durch Bayern ge⸗ 
wandert. Unter dem Ureuzberge in der Riſſinger Gegend hatte 
er noch zwei fahrende Bandwerker getroffen, mit ihnen war 
er abends in eine Dorfherberge gekommen, und die Beiden 
hatten ihm Sſſen und Trinken reichen laſſen, und er hatte dem 
Branntwein zugeſprochen, bis er im Rauſche einſchlief. Als er 
wieder aufwachte, war er auf heſſiſchem Boden. .. Die zwei hatten 
ihn auf einem Fuhrwerk in der Nacht hinübergebracht und ſich am 
Morgen als heſſiſche Werber entpuppt. 
Der Ingrimm war allgemein, und einige ſprachen es rund 
heraus, ſie wollten nicht im Soldatenrocke bleiben. 
„Was, wir ſind hier mehr als tauſend Männer, und wenn 
wir Mut haben, brechen wir durch,“ ſprach ein alter preußiſcher
	        
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