widerte Seume, und da er jetzt eine Gelegenheit zu finden glaubte,
um von Dornbuſch loszukommen, fügte er beſtimmt hinzu: „Ich
gehe durch Heſſen⸗Kaſſel, dabei bleibt's!“
„Wie Ihr wollt! Zeder ſorgt für ſeine Haut. Ich wäre
gerne weiter mit Euch gegen Paris gewandert, denn Ihr gefallt
mir — aber über Haſſel nach Amerika iſt keine ſchöne Ausſicht.
Und wenn mir ein Flügel vom Leibe geſchoſſen wird, und der
Landgraf bezieht dafür mein Invalidengeld ... das kann mir
nicht paſſen. Da lob' ich mir ein freies Wandern. Ich geh'
ins Bayerland. Soll mich freuen, Herr Student, wenn wir noch
einmal zuſammenkommen — vergeßt den Äurt Dornbuſch nicht,
denn man weiß nicht, wie man ſeine Freunde einmal brauchen
kann. Gott befohlen!“
Es war an einem Ureuzwege, wo ſie auseinander gingen,
und Seume hörte den Schneider noch eine gute Weile luſtig
pfeifen. Ihm war es lieb, daß er den Genoſſen los war, und
vor dem Heſſiſchen hatte er keine Furcht, wenn ihm auch vom
Hörenſagen bekannt war, daß der Landgraf Friedrich II. (im
Januar Jee6) einen Vertrag mit England gemacht hatte, durch
welchen er an dieſes 12,000 Mann heſſiſche Truppen überlaſſen
wollte, und daß er, um dieſe Schar zuſammenzubringen, nicht
gerade engherzig war. Aber zuletzt konnte doch keiner in den
heſſiſchen Soldatenrock geſteckt werden, wenn er durchaus nicht
wollte und ein freier Menſch war!
So wanderte er die Landſtraße weiter, lag während der heißen
Mittagsſtunde in einem Wäldchen auf weichem Mooſe und las
einen Abſchnitt aus einem lateiniſchen Buche des alten Julius
Cäſar, das er bei ſich führte neben einigen andern ähnlichen
Werken. Dann ſchritt er fürbaß, ſah die Wartburg grüßen aus
ihren grünen Gehegen, und überſchritt gegen Abend ohne jedes
weitere Bedenken die heſſiſche Grenze. In dem kleinen Orte
Vach gedachte er Berberge zu nehmen.
Er fand hier auch ein nicht unfreundliches Wirtshaus, deſſen
Eigentümer ihm eine kleine Kammer anwies, wo er ſein Ränzel
niederlegte und ſich den Staub von Geſicht und Bänden wuſch, ehe
er ſich nach der Wirtsſtube ſelbſt begab. Einige behäbige Männer
ſaßen um einen Tiſch, rauchten, tranken und ſchwatzten. Da
Seume ſich abſeits ſetzen wollte, rief ihn der eine an:
„Beda, junger Berr — ſind wir Ihm nicht vürnehm genug,