Full text: Aus Tagen deutscher Not

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dann entwiſcht war. Ich halte ihn für einen Spion, und ſchleppe 
ihn mit ins Hauptquartier.“ 
„Rann's denn einen Deutſchen geben, der ſich zum Spion 
hergibt für die Franzoſen d“ rief Seume, und Münchhauſen zuckte 
die Achſeln. 
Während dieſer noch raſch einen Imbiß verzehrte, hörte man 
draußen das Nahen eines Reiters, das Pferd hielt und es erſchien 
ein preußiſcher Buſar, ein blutiges Tuch um die Stirne, ohne 
Kopfbedeckung, ſetzte ab und ſchrie nach einem Trunk. Als er den 
Offizier ſah, ſtellte er ſich in Poſitur, Münchhauſen aber fragte 
erregt: „Woher, Kameradd — Iſt Er unter die Franzmänner 
geraten d“ 
„Ein Unglück iſt's!“ ſagte der Mann dumpf ... „Der Prinz 
Ludwig Ferdinand von Preußen iſt gefallen!“ 
Alle ſtanden auf und drängten ſich um ihn, und nachdem 
Münchhauſen ihm ſelbſt ſein Glas gereicht und einen Stuhl hin⸗ 
geſchoben hatte, auf welchen der Erſchöpfte ſank, berichtete er: 
„Der Prinz hat die Päſſe bei Saalfeld vor den Franzoſen 
beſetzen wollen. Ein Menſch hatte ſich zum Führer angeboten, 
um die Feinde zu umgehen und gab vor, die Stellungen des 
Marſchalls Lannes genau zu kennen. So brachen wir auf, aber 
der Führer war ein Schurke, er führte uns in eine böſe Falle, und 
von allen Seiten von der Uebermacht gepackt und umzingelt, 
hatten wir einen ſchlimmen Tag. Vergebens kämpfte unſer Prinz 
im dichteſten Gewühl; er wurde zuletzt mit fortgeriſſen in die 
Flucht, und ich ſelber mußt' es ſehen, wie er bei einem Garten-— 
zaun in Wölsdorf nach heißer Gegenwehr getötet wurde!“ 
Der verwundete Ruſar ſtöhnte tief auf, ſonſt war es totenſtill 
in der Stube. Da hörte man auf dem Flur einen lauten Ruf: 
„Peter Kratzmann!“ und ein wilder Aufſchrei folgte. Seume 
ſprang heftig auf und eilte hinaus, andere folgen. Da draußen 
hatte in einer Scke der Gefangene geſeſſen, zwei Soldaten waren 
bei ihm. Zetzt war er aufgeſprungen und ſtand mit ängſtlichen und 
haßerfüllten Augen dem Meiſter Dornbuſch gegenüber, der eben 
von ſeinem Sohne kam. Dieſer packte ihn an der Bruſt und 
rief: „Schurke elender! Find' ich dich endlich! — Du haſt mir 
meinen ehrlichen Namen geſtohlen!“ 
Nun ſtand auch Seume, der auf den Ruf hin in den Flur 
geſtürzt war, vor dem finſtern Burſchen:
	        
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