Full text: Mit der großen Armee 1812 nach Moskau und in der brennenden Stadt

SO eeeeeeeeeeete François Bourgogne 
und Beine hoch in die Luft werfend, wie die Wilden umherzu⸗ 
ſpringen anfingen, dabei bald hinfielen und wieder emporſchnellten, 
um dasſelbe Kunſtſtück gleich darauf zu wiederholen. Sie waren rein 
des Teufels. Dieſer Anblick wäre nun für uns gar nichts Ungewöhn⸗ 
liches geweſen, wenn ſie ihre eigene ruſſiſche Kleidung getragen hätten, 
aber franzöſiſche Marquiſen, die ſich meiſt mit ſo feierlicher Würde 
tragen, wie Beſeſſene ſpringen zu ſehen, das brachte uns vor Lachen 
beinahe zum Berſten. Der Flötenſpieler vermochte nicht weiter zur 
ſpielen, der Tambour aber ſuchte dieſen Ausfall gut zu machen, indem 
er Sturm ſchlug. Dies begeiſterte die Marquiſen erſt recht, und toller 
als zuvor wurden ihre Bewegungen. Endlich ging ihnen die Luft aus, 
und ſie ſanken vor Erſchöpfung auf den Boden. Anter einem ungeheuren 
Beifallsſturm hoben wir ſie auf und brachten ſie zu der Terrine, an 
der wir uns alle erſt wieder eine Weile ſtärkten, ehe wir den Tanz bis 
vier Uhr fortſetzten. 
Mutter Dubois, welche eine ebenſo richtige echte Marketenderin, 
wie eine Frau war, die den Wert eines golddurchwirkten Seidenkleides 
zu ſchätzen wußte, hatte ſich inzwiſchen unbemerkt entfernt. Auf ihrem 
Seimweg erſpähte ſie das Auge des Sergeanten der Polizeiwache. Eine 
fremde Dame zu ſo früher Morgenſtunde auf der Straße ſchien ihm ein 
guter Fang. Er ſchritt auf ſie zu, faßte ſie am Arm und wollte ſie ab⸗ 
führen, aber Mutter Dubois, welche ihren Mann hatte und jetzt oben⸗ 
drein ſehr viel Punſch im Leibe, verſetzte dem Sergeanten eine ſo derbe 
Ohrfeige, daß er zu Boden ſtürzte. Er ſchrie nach der Wache, und da 
wir das hörten, ſtürzten wir hinaus, um die inzwiſchen Ergriffene zu 
befreien. Es wurde uns das aber gar nicht leicht, denn der Sergeant 
war zu erboſt, um gleich ein Einſehen für das Unrecht zu gewinnen, 
eine ſo ehrbare Frau wie Mutter Oubois arretieren zu wollen. 
Der 28. und 29. wurden der erneuten Einheimſung von Lebens- 
mitteln gewidmet. Am Tage unternahmen wir zu dem Zweck Re⸗ 
kognoſzierungen, und in der Nacht — um die Konkurrenz zu vermeiden 
— zogen wir aus, das zu holen, was wir ausgekundſchaftet hatten. 
Am 50. beſichtigte uns der Inſpekteur auf der Straße unſerm 
Quartier gegenüber. Nachdem das vorüber war, fiel dem Oberſt plötzlich 
ein, die Quartiere ſehen zu wollen. Als wir an die Reihe kamen, mußten 
der Hauptmann, der Offizier und der Unteroffizier vom Tagesdienſt, 
ſowie unſer Feldwebel Rouſtan den Oberſt begleiten. Der Feldwebel 
ging voraus, um die Stuben zu öffnen, in denen die Mannſchaften der 
Kompagnie lagen. Nachdem dieſe beſehen waren, fragte der Oberſt: 
„And die Unteroffiziere, wie ſind die untergekommen?“ „Vortrefflich“, 
antwortete Rouſtan und beeiferte ſich ſogleich die Verbindungstür zu 
öffnen, welche wir aus unſerm Hauſe nach dem der Mannſchaften hatten 
anbringen laſſen. Unglücklicherweiſe hatten wir vergeſſen, den Schlüſſel 
von der Tür des Kabinetts abzuziehen, in welchem die Frauen hauſten, 
und welches wir ſtets für einen Schrank ausgegeben hatten. Der Feld⸗ 
webel öffnet, und überraſcht, einen Wohnort dort zu finden, ſieht er 
hinein und erblickt dort unſere Vögel. Er ſagt kein Wort, verſchließt 
die Tür und ſteckt den Schlüſſel in ſeine Taſche.
	        
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