Mit der großen Armee 1812 nach Moskau ε 2
ſie ſchwer beladen zurück und brachten ſogar den Wagen mit, für deſſen
Fortſchaffung ſie ſich den Weg erſt hatten frei machen müſſen.
Am ſelben Tage, dem 18., wurde die Kompagnie endlich abgelöſt
und bezog Quartiere nahe der erſten Umwallung des Kremls in einer
ſchönen Straße, welche zum großen Teil vom Feuer verſchont geblieben
war. Die Mannſchaften erhielten ein großes Kaffeehaus zugewieſen,
in deſſen einem Saal ſich zwei Billards befanden, die ſie, um mehr
Raum zu gewinnen, auseinandernahmen und aus deren Tuch ſie ſich
Kapuzen machten. Das Haus nebenan, welches einem Bojaren ge—
hörte, wurde uns Anteroffizieren zugeteilt.
In den Kellern des Kaffeehauſes fand ſich eine Menge Wein,
Jamaika-Rum und viele Tonnen vortrefflichen Bieres, die auf Eis
lagerten. Unſer Bojarenhaus aber lieferte uns fünfzehn große Kiſten
mit Champagner und ſpaniſchem Wein.
Den nämlichen Tag entdeckten unſere Leute auch noch einen
großen Zuckerſpeicher, aus dem wir uns einen bedeutenden Vorrat
holten, der uns dazu diente, Punſch zu machen. Dies angenehme
Geſchäft verſäumten wir keinen Tag während unſers ganzen Aufent⸗
halts in Moskau und waren ſtets ſehr luſtig dabei. Zeden Abend brauten
wir uns einen ſolchen in einer großen ſilbernen Terrine, welche der
Bojar vergeſſen hatte mitzunehmen und die wenigſtens ſechs Flaſchen
faßte. Wir tranken dieſelbe alle Abend drei- bis viermal leer und
rauchten dazu aus den ſchönen Pfeifen des Bojaren den köſtlichſten
Tabak. Das war herrlich!
Am 19. beſichtigte uns der Kaiſer im Kreml dem Palais gegen⸗
über. Gegen Abend wurde ich zu einem gemiſchten Detachement kom-
mandiert, welches aus Zägern, Grenadieren und einer Eskadron pol⸗
niſcher Lanzenreiter, im ganzen aus zweihundert Mann, unter Befehl
des Generals Kellermann, zuſammengeſetzt war. Dasſelbe hatte den
Auftrag, das Sommerpalais der Kaiſerin, welches an dem einen Ende
der Stadt lag, vor der Feuersbrunſt zu ſchützen.
Wir marſchierten um acht Uhr ab und kamen um halb zehn an.
Das Palais erſchien mir ſo groß wie das Schloß der Tuilerien, doch
war es von Holz erbaut und von Stuck überdeckt, der gerade wie Marmor
ausſah. Es wurde ſogleich mit Poſten umſtellt und eine ſtarke Wache
in das Wachthaus gelegt, welches ſich dem Schloß gegenüber befand.
Zur größeren Sicherheit gingen auch noch von Zeit zu Zeit Patrouillen.
Ich mit einigen Mann erhielt Befehl, das Innere des Schloſſes zu
durchſuchen, um zu ſehen, daß ſich niemand darin verſteckt hätte.
Hierdurch bot ſich mir die Gelegenheit, dieſen mit äußerſter Pracht
ausgeſtatteten Sommerwohnſitz näher in Augenſchein nehmen zu können.
Er enthielt, was Aſien und Europa an Luxus zu liefern vermochten.
Es ſchien mir, als wenn alle Schätze der Welt hier zuſammengetragen
wären, und doch, nach kaum einer Stunde war faſt nichts mehr davon
vorhanden. Trotz der rundum getroffenen ſorgfältigſten Vorſichts⸗
maßregeln züngelten, wie zum Hohn, ſchon nach einer Viertelſtunde
die Flammen aus allen Dachluken.