Full text: Mit der großen Armee 1812 nach Moskau und in der brennenden Stadt

S ttt Franéois Bourgogne 
Das, in welches ich hineinwollte, war verſchloſſen und die Tür 
mit großen Eiſenplatten beſchlagen. Es war dies ärgerlich, denn wir 
wollten jeden Lärm vermeiden. Indeſſen bemerkten wir eine offene 
Tür, die in einen Keller führte. Zwei Leute ſtiegen hinab und ent⸗ 
deckten eine kleine Treppe, auf welcher ſie durch eine Falltür in den 
Hausflur gelangten. Dadurch konnten ſie uns das Haus von innen 
öffnen. Wir traten ein und ſahen, daß wir uns in einem Spezerei⸗ 
warenlaͤden befanden. Äberall herrſchte die größte Ordnung, nur ein 
Zimmer machte den Eindruck, als ob es in größter Eile verlaſſen worden 
wäre. Es ſtand noch gebratenes Fleiſch auf dem Tiſch und mehrere 
Säcke mit Geld lagen auf einem Koffer. 
Nachdem wir das ganze Haus durchſucht hatten, begannen wir, 
uns mit Lebensmitteln zu verſehen, denn es gab hier Mehl, Butter, 
Zucker, Kaffee in Menge und auch ein großes Faß voll Eier, ſchichten⸗ 
weiſe in Haferſtroh verpackt. Während wir unſere Auswahl trafen, 
ließ mir der Gefreite ſagen, daß in dem Hauſe, wo er wäre, ſich einige 
50 kleine Wagen befänden und in einem Zimmer 17 ſchwer verwundete 
Ruſſen lägen, denen er Waſſer zutragen laſſe. 
Ich begab mich ſofort in das Haus und wählte zwei leichte kleine 
Wagen zum Transport unſerer Lebensmittel. Darauf beſuchte ich 
auch die Verwundeten und fand unter ihnen fünf Kanoniere der Garde 
mit zerſchmetterten Beinen, im übrigen aber meiſt Aſiaten. 
Als ich mit meinem Wagen das Haus verließ, bemerkten wir drei 
Männer, von denen einer einen langen Spieß, ein anderer einen Säbel 
und der dritte eine brennende Fackel trug, und die eben daran waren, 
das Haus anzuzünden, in welchem meine Leute ahnungslos die aus⸗ 
gewählten Vorräte einpackten. 
Wir ſchrien, um die drei Schurken zu erſchrecken; zu unſerer Über⸗ 
raſchung rührten ſich aber dieſe fanatiſierten Menſchen nicht von der 
Stelle, und der mit dem Spieß legte denſelben, unſern Angriff erwar⸗ 
tend, gegen uns aus. Mit unſern kurzen Säbeln dieſer langen Waffe 
gegenüber vermochten wir aber dem Burſchen nicht an den Leib zu 
kommen. Wir hätten ihn nun einfach über den Haͤufen ſchießen können, 
denn der Gefreite hatte inzwiſchen zwei gelaͤdene Piſtolen gebracht, 
die er bei den Verwundeten gefunden hatte, indeſſen nahm ich von 
dem Gebraͤuch der Schußwaffe Abſtand, da ich befürchtete, daß der 
Knall uns am Ende noch mehr von dem Geſindel auf den Hals ziehen 
könnte. 
Ein unter uns befindlicher Bretone bewaffnete ſich nunmehr mit 
der Deichſel eines der kleinen Wagen, und dieſe in radförmiger Be⸗ 
wegung durch die Luft wirbelnd, ſchritt er gegen den Kerl vor. Nach 
wenigen Augenblicken brach derſelbe mit einem furchtbaren Schrei zu⸗ 
ſammen, nachdem er ſich vergeblich bemüht hatte, der ihm ganz fremd⸗ 
artigen Kampfesweiſe zu begegnen. Beide Beine waren ihm zerſchmettert 
und faſt gleichzeitig durch die nochmals durch die Luft ſauſende Deichſel 
auch der Kopf. Eine Kanonenkugel hätte nicht ſchneller wirken können. 
Der erboſte Bretone wollte dasſelbe Manöver an den andern beiden
	        
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