16 SeSeeeeeeeeeeeee François Bourgogne Seeeeetttt
In dieſer Nacht wandelte mich und zwei Freunde, Unteroffiziere
wie ich, die Luſt an, uns den Kreml, von dem ſo viel die Rede war, an⸗
zuſehen. Wir machten uns alſo auf den Weg. Für dieſen ſelbſt be⸗
durften wir ja keiner beſonderen Beleuchtung, da wir aber auch den
Wohnungen und Kellern der vornehmern Woskowiter einen Beſuch
abzuſtatten gedachten, nahmen wir jeder einen Mann der Kompagnie
mit, den wir mit aufgefundenen Kerzen verſahen.
Trotzdem meine Kameraden den Weg zum Kreml ſchon zweimal
gemacht hatten, verirrten wir uns doch bald, denn das fortwährende
Zuſammenſtürzen der Häuſer gab den Straßen ein ganz verändertes
Ausſehen. Nachdem wir ohne beſtimmte Richtung, je nachdem es das
Feuer erlaubte, umhergezogen waren, trafen wir auf einen Zuden,
der ſich beim Anblick ſeiner brennenden Synagoge, deren Rabbiner er
war, Haar und Bart raufte. In deutſcher Sprache klaͤgte er uns, daß
er und ſeine Glaubensgenoſſen all ihr Eigentum von Wert zur Sicher⸗
heit in den Tempel gebracht hätten und daß nun alles verloren wäre.
Wir bemühten uns, ihn zu tröſten, nahmen ihn am Arm und befahlen
ihm, uns nach dem Kreml zu führen.
Noch heute muß ich lachen, wenn ich daran denke, wie der Jude
mitten in all ſeinem Kummer und Herzeleid uns plötzlich fragte, ob
wir nichts zu verſchachern oder zu vertauſchen hätten. Es mag wohl
die Macht der Gewohnheit geweſen ſein, die ihn dieſe Anfrage ſtellen
ließ; denn im Augenblick war wahrhaftig kein Geſchäft zu machen.
Nachdem wir durch mehrere Stadtviertel gekommen waren, welche
größtenteils brannten, und auch manche ſchöne Straßen bemerkt hatten,
die noch verſchont geblieben waren, erreichten wir nicht weit von der
Moskwa einen kleinen, etwas hoch gelegenen Platz, von welchem aus
uns der Zude die Türme des Kremls zeigte, die man bei dem Schein
der Flammen ſo deutlich wie am hellen Tage erkannte. Wir hielten
uns hier etwas auf, um einen Keller zu beſuchen, den eben einige Garde⸗
reiter verließen. Wir nahmen uns von hier Wein, Zucker und viel ein⸗
gemachte Früchte mit, was alles wir dem Zuden aufpackten.
Es war Tag geworden, als wir bei der erſten Umwallung des
Kremls ankamen. Wir gingen durch ein großes Tor von grauem Geſtein,
welches zu Ehren des heiligen Nikolaus mit einem kleinen Glockenturm
gekrönt war. Dieſer große Heilige ſteht in reicher Kleidung und in mehr
als ſechs Fuß Höhe in einer Niſche des Torwegs. Feder vorübergehende
Ruſſe, ſelbſt jeder Sträfling und Verbrecher erweiſt ihm göttliche Ver⸗
ehrung; er iſt der Schutzheilige Rußlands.
Jenſeits des erſten Walles bogen wir nach rechts ein, nachdem wir
unter mancherlei Schwierigkeiten eine Straße entlang gezogen waren,
auf welcher in mehreren Häuſern, die von Marketenderinnen der Garde
bewohnt wurden, Feuer ausgebrochen war, und gelangten an eine hohe
Mauer, die in beſtimmten Zwiſchenräumen dicke Türme überragten,
deren Spitzen vergoldete Adler trugen.
Nachdem wir wiederum ein mächtiges Tor paſſiert hatten, be⸗
fanden wir uns dem Reſidenzſchloß gegenüber, in welches der Kaiſer