Full text: Mit der großen Armee 1812 nach Moskau und in der brennenden Stadt

S Mit der großen Armee 1812 nach Moskau εα 15 
zukehren. Im Begriff dies zu tun, kamen abermals Schüſſe aus der Rich-⸗ 
tung, aus welcher die erſten gefallen waren. Dies änderte unſern Ent- 
ſchluß. Wir wollten der Sache nun doch näher treten und gingen gegen 
das Haus vor, welches wir für das verdächtige hielten. Nachdem wir 
die Tür desſelben eingeſchlagen hatten, ſtellten ſich uns neun große, 
mit Gewehren und Lanzen bewaffnete Kerle entgegen und verwehrten 
uns den Eingang. 
Sogleich entſpann ſich in dem Hofe ein KHampf. Es war kein 
gleicher, denn wir ſtanden neunzehn gegen neun, aber da wir glaubten, 
daß ſich noch mehr ſolch verwegener Geſellen in der Nähe befinden 
könnten, ſtachen wir die drei vorderſten ſofort nieder. Zwei entflohen, 
und die andern vier hielt ich mit fünf Mann durch unſere ihnen auf die 
Bruſt geſetzten Bajonette ſo feſt gegen eine Mauer gedrückt, daß ſie 
ſich ihrer Waffen nicht bedienen und bei der geringſten Angriffsbewegung 
erſtochen werden konnten. Sie ſchlugen ſich mit ihren Fäuften auf 
die Bruſt und gebärdeten ſich wie toll. Ihre totale Trunkenheit ließ 
uns ſie zunächſt ſchonen, als wir aber erkannten, daß wir nicht anders 
mit ihnen fertig werden konnten, machten wir ſie kampfunfähig. 
Nun durchſuchten wir eilig das Haus. In einem Zimmer trafen 
wir noch zwei Leute, die, als wir uns ſchnell auf ihre Waffen warfen, 
ſo beſtürzt waren, daß ſie vom Balkon hinabſprangen. Der eine brach 
ſich das Genick, der andere beide Beine. Einen dritten fanden wir unter 
ſeinem Bett. Wir taten ihm nichts, denn wir wollten ihn als Führer 
behalten. Er war, wie die andern alle, ein Sträfling und ſah ebenſo 
abſchreckend und unheimlich aus wie jene. 
Als wir jetzt wieder ins Freie traten, um zum Regiment nach dem 
Gouvernementsplatz zurückzukehren, waren wir nicht wenig überraſcht, 
den Weg verſperrt zu finden. Das Feuer hatte inzwiſchen durch den 
heftigen Wind eine ſolche Ausdehnung genommen, daß die Flammen 
ſich über der Straße kreuzten; ſchon ſtürzten die Dächer zuſammen. 
Wir mußten eine andere Richtung einſchlagen und wählten die, von 
der aus auf unſerm Herweg die zweiten Schüſſe gefallen waren. 
Mit unſerm Gefangenen, der mehr einem Bären als einem Menſchen 
glich, vermochten wir uns in keiner Weiſe verſtändlich zu machen. 
Nach einer Weile kamen wir an das Haus, von welchem wir ver— 
muteten, daß es dasjenige ſei, aus dem der Schuß gekommen war, der 
unſern Kameraden verwundete. Da packte uns die Neugierde, auch hier 
noch einmal näher zuzuſehen. Wir ließen unſern Gefangenen zuerft 
eintreten und folgten dicht hinter ihm. Sogleich erſchallte ein War⸗ 
nungsruf, und mehrere Männer mit brennenden Fackeln flohen über 
einen großen Hof. Wir waren, wie wir nun ſahen, in kein gewöhn⸗ 
liches Haus gekommen, ſondern in einen Palaſt. Nachdem wir zwei 
Mann als Schildwachen an dem vorderſten Tor zurückgelaſſen und 
uns Lichter, die wir bei uns führten, angeſteckt hatten, betraten wir die 
Räume. Nie im Leben hatte ich ſolche Pracht geſehen. Die koſtbarſten 
Möbel, herrliche Bilder und viele andere Kunſtwerke feſſelten unſere 
Blicke. Nichts aber zog uns ſo an wie ein Waffenſchrank, gefüllt mit 
den auserleſenſten Waffen. Ich nahm mir aus dieſem zwei Piſtolen
	        
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