Full text: Eine Sage aus der Gegenwart

26 eeeeeeeeeee Friedrich Gerſtäcker. 
Arm ſchlang, riß ſie ihn wenige Minuten ſpäter mit fort durch die 
blutige Flut, hinaus in freies Waſſer und nach unten; er wäre ver⸗ 
loren geweſen, wenn der Fiſch nur noch für Sekunden länger Leben 
behalten hätte. Aber der erſte Wurf hatte ihn zu ſicher getroffen; 
wieder nach oben kommend, ſchwamm er ein-, zweimal im Kreiſe 
herum, peitſchte mit den rieſigen Floſſen die zitternden Wogen 
um ſich her und trieb dann langſam und tot in der blutigen Flut. 
Patrick, der mit ihm wieder nach oben gekommen und von 
dem getöteten Fiſch ſo unfreiwillig ins Schlepptau genommen war, 
zog ſich jetzt raſch zu dem mit der Oberfläche gleichſchwimmenden 
Koloß hin, die dort noch haftende Harpune ergreifend, half er ſich 
in demſelben Augenblick hinauf, als ein wilder Schrei dicht hinter 
ihm ertönte. Erſchreckt wandte er ſich danach um — der Zilferuf 
klang gar zu entſetzlich und markdurchſchneidend; aber ihm ſelber 
ſtieß es wie mit einem Meſſer ins Herz, als er, gar nicht weit von 
ſich entfernt, die dunklen Floſſen zweier Haie erkannte, die raſch 
und gierig herüber- und hinüberſchoſſen, während das Gurgeln 
im Waſſer und das Peitſchen der Wogen dicht hinter ihm die Stelle 
verrieten, wo einer ſeiner Kameraden in den erbarmungsloſen Fängen 
einer dritten Beſtie den Todeskampf kämpfte. 
Wie ſich die Geier und Raben um ein ſterbendes Vieh ſammeln, 
ſo ſteigt aus dem Grunde herauf der Hai, plötzlich und unerwartet, 
dem Schwimmer zum Verderben, und was er einmal gefaßt, das iſt 
auch ſein, und er hält es, ſich herumwirbelnd, wie in eiſernen Fängen. 
Hier und da trieben jetzt noch einzelne der Unglücklichen aus 
dem zerſchmetterten Boote, die ſich teils an die Uberreſte desſelben 
geklammert, teils einen Riemen gefaßt hatten, ſich über Waſſer 
zu halten; aber nur noch drei waren übrig von all den kräftigen, 
lebensfrohen Geſtalten die keck und trotzig noch wenige Minuten 
vorher der Gefahr ins Auge geſchaut, und die Hyänen der Tiefe 
wüteten jetzt unter ihnen. Was half der mit dem Arm nach ihnen 
geführte machtloſe Schlag, was der gellende Aufſchrei der Ver⸗ 
zweiflung — es war Muſik in den Ohren der kalten, furchtbaren 
Raubtiere mit den Katzenaugen und der rieſigen Kraft, und der 
blutige Schaum, der in der nächſten Sekunde auf der Oberfläche 
des Meeres ſchwamm, war das Leichentuch der Unglücklichen und 
bezeichnete ihr Grab. 
„Das iſt furchtbar!“ ſtöhnte Patrick, der kaum die Kraft behielt, 
ſich auf dem ihn jetzt noch ſchützenden Korper des Wals zu halten. — 
„Furchtbar, ſo enden zu ſollen, fern von jeder Hilfe!“ — Und das
	        
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