Das geſegnete Wunderland Aegypten. 7
1. Von den vielen Säulen an dem großen Tempel iſt nicht eine wie die
andere; ſie haben ſehr verſchiedene Kapitäle, und dennoch — welche Harmonie!
Das erinnert uns an die gothiſche Bauweiſe, bei der wir ja Aehnliches finden
— Verſchiedenheit im einzelnen und Einheit im ganzen.
2. Alle Wände ſind — viele tauſend und aber tauſend Quadratfuß groß
— mit Bildern bedeckt, von denen die auf der Außenſeite der Wände nicht
nur mit bunten Farben gemalt, ſondern auch erhaben ſind. Aber weder die
Farbe noch das Relief ſtört den Eindruck der einfachen, großartigen Archi⸗
tektur, denn die Erhabenheiten ſind zu flach, um Schatten zu werfen, und
ſie und die Farben ſtören nicht mehr, ſobald man ſich ſo weit entfernt hat,
daß man den Tempel im ganzen überblicken kann.
Blick von Senem (Bigeh) nach Pilak (Philä).
3. Höchſt merkwürdig iſt die Art, wie die Ufer der Inſel durch Mauer-—
werk gegen das allmähliche Herabrutſchen der Erde und das Abſpülen durch
den Fluß geſichert ſind. Die Mauern, welche ſich jedoch nicht über die Fläche
der Inſel erheben, bilden gleichſam Gewölbe, die gegen das Waſſer konkav,
nach dem Innern der Inſel konvex ſind. So widerſtehen ſie dem Druck der
Erdmaſſen von Jahrtauſend zu Jahrtauſend und bleiben für jeglichen Waſſer—
baumeiſter ein Muſterwerk.
Weſtlich von Pilak, nur durch einen kleinen Nilarm von ihr getrennt,
liegt die größere Inſel Senem, heutzutage Bigeh genannt, von alten Zeiten