Elftes Platt.
Mitleid und Hartherzigkeit.
Das Mägdlein und der Topf.
Nun gehe, Marie, ſo ſprach die Mutter zu ihrem Tochter—
lein und trage dem Vater ſein Mittagbrot in den Wald! Er
wird heute recht hungrig ſein, denn er hat von Tagesanbruch
an gearbeitet. Aber geh fein ſacht und vorſichtig, daß du das
Töpfchen nicht zerbrichſt! Komm auch bald wieder und halte
dich im Walde nicht zu lange auf, die Beeren ſind noch nicht
reif. —
Marie war ein gutes Kind. Sie ging und ſah ſich nicht
um. Als ſie noch im Dorfe war fiel ein ſchwerer Stein zu
ihren Füßen nieder, ſie ſtolperte darüber und der Topf zer—
brach!
Ein Knabe und ein Mädchen liefen herzu und verhöhnten
die arme Marie, die bitterlich weinte. O die böſen, böſen
Kinder!
Aber ein Mütterlein hatte aus dem Fenſter Alles mit an—
geſehen. Sie rief Marie in ihr Haus, nahm einen Topf und
füllte ihn mit Speiſe. „Nun gehe, mein Kind und bringe dei—
nem Vater das Eſſen, den Topf ſchenke ich dir auch. Ihr
aber, ihr böſen Kinder ſollt beſtraft werden, ich werde mit euren
Eltern reden!“
Das geſchah. Marie war voll Dankes und betete jeden
Abend fuür das gute Mütterlein.