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Narr. Mein Herr, der König. Denn als er mich in ſeinen Dienſt
nahm, ſprach er: „Du Narr! wenn ein Tag vergeht, an dem du mich
nicht zum Lachen bringſt, ſo jag' ich dich fort.“ Nun iſt heute der Tag
bald vergangen und mein Herr, der König, iſt ſo verdrießlich, daß es mir
bis jetzt unmöglich war, ihn aufzuheitern. Daher lachte ich erſt aus Aerger
über meine Dummheit, denn wenn kein Anderer über mich lachen will, ſo
thu' ich's ſelber. Glaube nur, guter Freund, was der König einmal
ſagt, das erfüllt er auch, ſo wahr, wie du ein Lügner biſt.
Maler. Wen belog ich denn?
Narr. Mich! Erſt ſagteſt du, du wolleſt ſchweigen, und jetzt fragſt
du immerfort drauf los; alſo haſt du gelogen.
Maler. Gut! ſo ſchweige ich.
Narr. Gut! ſo frage ich: Warum biſt du ſo traurig, was verdrießt
dich? Warum biſt du nicht luſtig? Warum läßt du die Lippen ſo herunter
hängen? Warum? — — —
Maler. Hör' auf, ich antworte ja ſchon. Schau, lieber Narr, ich
bin noch übler dran, als du. Mir hat der König geboten, ich ſoll zu
einem A-B-C-Buche für ſeine Kinder allerlei Bilder machen, für jeden Buch
ſtaben eines. Heute müſſen ſie fertig ſein; ſind ſie es aber nicht, ſo läßt
der König nichts mehr von mir malen und ſchickt mich vielleicht noch gar
in's Gefängniß. Täglich ging ich vor's Thor hinaus und ſah mich nach
Gegenſtänden für meine Bilder um. Ich fand auch für alle übrigen Buch
ſtaben die ſchönſten Dinge, die zeichnete ich gleich nach der Natur, oder
merkte ſie mir und machte zu Hauſe die Bilder danach. Nur für einen ein
zigen Buchſtaben fand ich keinen Gegenſtand, obgleich ich heute mich überall
umgeſehen habe. Siehſt du wohl? Dort hinter dem Palaſte geht bald
die Sonne unter und je tiefer ſie ſinkt, deſto höher ſteigt mein Unglück!
„Welcher Buchſtabe fehlt dir?“ fragte der Narr. „Ach!“ rief jener
in der größten Verzweiflung: „Und ſtellſt du auf den Kopf dich ſchon, du