Aus trüben Waſſern. 19
mehr in Gedanken an meine liebe, ſchöne Mutter gelebt, die
ich ſo kurz gekannt.
Ich meine oft, liebe Ida, die Liebe, wie ſie in Gedichten
und Geſchichten lebt, die gebe es auf der Welt gar nicht mehr;
vielleicht hat es nie eine ſolche gegeben. Ich weiß, daß mein
Vater der Tante Hofrätin ihre bürgerliche Heirat nie vergeben
hat; ich dachte, das werde doch eine Liebeswahl geweſen ſein,
und wagte einmal ſie darum zu fragen. „Na, das nicht gerade,
mein Kind,‚“ erzählte ſie mir; „ſiehſt du, wenn ich auf unſrer
alten Stammburg ſitzen geblieben wäre und hätte auf einen
Baron gewartet, da hätte ich eingeräuchert werden können wie
ein's der alten Kamine dort droben, und zuletzt einfallen. Mein
Vater war geſtorben; der deine, der als Halbbruder eigentlich
kein Recht hatte über mich zu verfügen, war auf Reiſen; da
meldete ſich mein Mann, der mir die Geldgeſchäfte hatte be—
ſorgen helfen, als Freier. Ein Spatz in der Hand iſt beſſer, als
ein Pfau auf dem Dache, dacht' ich, und ſagte ja; muß auch
geſtehen, daß ſich mir nicht einmal auf dem Dache ein Pfau