Full text: Dudo von Rüdelin

nothwendig würden oder Mönchskutten die Straßen und 
Häuſer füllten, ſondern, wie man in der Mittagsgluth 
des Tages gerne der erfriſchenden Morgenluft gedenkt, oder 
im Alter der rüſtigen Jugendzeit, ohne ſich gerade dieſe 
Zeit zurückzuwünſchen, ſo möchten wir aus unſerer faſt 
zu praktiſchen und übervernünftigen Welt heraus einen 
Blick thun in die Unvernunft der Jugend unſeres Ge⸗ 
ſchlechts, ob es uns vielleicht auch erfriſchend umwehet 
wie Morgenluft in der Tagesſchwüle. 
Der erſte Kaiſer aus dem edlen Hohenſtaufenge⸗ 
ſchlecht, Konrad III., hielt Reichstag zu Speyer, der ur⸗ 
alten, hochberühmten Reichsſtadt am Rhein. 
Es war Weihnachten 1146. 
In demſelben Winter herrſchte eine außerordentlich 
ſtarke und lang andauernde Kälte. An vielen Stellen 
fuhren Frachtwagen über den feſt zugefrorenen Rhein. 
Die Eisvergnügungen wollten kein Ende nehmen. Da⸗ 
gegen müheten ſich die Zünfte in den reichen Rheinſtädten, 
zum Andenken an die merkwürdige Naturerſcheinung et⸗ 
was Beſonderes zu leiſten. Die Küfer verfertigten auf 
dem Eiſe ein Faß von ganz ungeheurer Ausdehnung; die 
Waffenſchmiede ſchmiedeten Rüſtungen und Schwerter, die 
etwa einem Rieſen Goliath gepaßt hätten; die Metzger 
brieten einen ganzen Ochſen auf dem Eiſe, während die 
ſchon künſtleriſchen Bauhütten ſich müheten, Häuſer, 
Thürme und Burgen aus Eis ſelbſt auf dem Rheine aus⸗ 
zuführen.
	        
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