I.
Kreuzpredigt des heiligen Bernhard in Speyer am Rhein.
Unſere Erzählung ſpielt in der Mitte des zwölften
Jahrhunderts, in der Blüthezeit der Ritter und der
Mönche, der Burgen und der Klöſter. Dieſe Zeit liegt
uns ſo fern, und ihr ganzes Trachten und Treiben iſt ſo
wunderbar verſchieden von dem unſrigen, daß wir faſt
zweifeln könnten, ob jemals eine ſolche Welt geweſen ſei,
wenn nicht maſſenhafte Burgtrümmer auf den Höhen
und zahlreiche Ueberreſte in den Thälern die Wirklichkeit
jener vergangenen Welt ſo lebendig bezeugten.
Es war eine Zeit großartigſter Schwächen und Ver⸗
irrungen, eine Zeit furchtbarſter Rohheit, Unwiſſenheit
und Fehdeluſt, wo Mord, Raub, Gewaltthätigkeiten und
Bedrängungen aller Art an der Tagesordnung waren.
Doch geht ein höheres Streben und ein kindlich frommer
Zug durch jene Zeit, die man in unſerer höchſt praktiſchen
und materiellen, welche wie mit Dampfesflügeln vor⸗
wärts eilt, leider vermißt.
Wenn wir uns nun in unſerer Erzählung im Geiſt
in jene Zeiten verſetzen, wünſchen wir durchaus nicht,
daß wieder Burgen, Harniſche und zweihändige Schwerter
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