Die Mutter ſtand hoch erfreut auf, und rief: O Gott,
wie wird mir! Welch 90 Licht geht mir auf! Ach,
liebſter Bruder, ſag mir alles, nicht wahr, du haſt ſie
geſehen; ſie iſt vielleicht nicht ferne von mir! O komm,
komm, liebſter Bruder, und führe mich zu ihr
Der Major ging zur Thüre und öffnete ſie. Meline
ſtürzte voll Entzückens herein, fiel ihrer Mutter in die
Arme, und konnte kein Wort hervorbringen, als: Mutter,
liebſte Mutter!
Die Mutter ſprach: O Meline! Liebſte, beſte Tochter!
Ja, du biſt es! Ich habe dich wieder! O Gott, dir ſei
Dank, unausſprechlicher Dank! Sie ſchloß, unter unzäh—
ligen Thränen der innigſten Freude, das geliebte Kind
in die Arme, und rief noch unzählige Male: O Gott, dir
— dir, liebſter Gott, ſei Dank!
Endlich ſprach die Mutter: Komm, mein liebes Kind,
ſetze dich zwiſchen mich und meinen Bruder, deinen lieben
Onkel, und erzähle! Wie iſt es dir unter den böſen Men⸗
ſchen, die dich geraubt haben, ergangen?
Meline erzählte: Ach Gott, fing ſie an, ich war vor
Schrecken und Angſt faſt des Todes, als ich von dem einen
Räuber ergriffen, mit Hilfe des andern in eine Kutſche
geſchleppt und in jenes fürchterliche Haus im Walde ge—
bracht worden. Die alte Wirtin grüßte mich ſehr freund—
lich. Sie ſagte, daß ſie mich ſchon lange mit Sehnſucht
erwartet habe. Sie redete mir zu, ich ſolle nicht weinen.
Sie legte mir eine Menge Zuckerwerk vor. Sie brachte
Kaffee und Punſch, und wollte mich, wiewohl vergebens,
nötigen, doch wenigſtens ein Gläslein von ihrem Leib—
getränke auf ihre Geſundheit zu leeren. Sie führte mich
auf ein kleines, ziemlich hübſches Zimmer. Sieh, ſagte
ſie, dies iſt nun deine Schlafkammer; ſieh, das Bett könnte
gar nicht feiner und weicher ſein. Sie erzählte mir, was