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bloß 2000 Reichsthaler betrage. Frau von Grünau fand
dieſe Schuld höchſt unwahrſcheinlich, zumal der Fremde
nicht zum beſten gekleidet war und eher das Ausſehen
eines Landſtreichers hatte, als eines Mannes, der ſolche
Geldſummen ausleihen könne. Sie war indes etwas be—
troffen, weil von ihrer Dienerſchaft ſich eben niemand zu
Hauſe befand. Die Kammerjungfer hatte ſich in die Stadt
begeben, ihre totkranke Mutter das letzte Mal zu ſehen;
der Kutſcher hatte ſie dahin gefahren; die übrigen Leute
waren draußen auf der Wieſe mit dem Heu beſchäftigt.
Frau von Grünau befahl Meline, den Verwalter zu rufen.
Der ernſte, alte Mann kam, und erklärte die Schuldver⸗
ſchreibung für falſch. Ich weiß gewiß, ſagte er, daß der
ſelige Herr von Grünau durchaus keine Schulden hinter-—
ließ. Die Unterſchrift iſt nachgemacht. Der Fremde ſchien
vor Zorn außer ſich zu kommen und brachte gegem den Ver⸗
ſtorbenen unter furchtbaren Flüchen die gräßlichſten Ver—
leumdungen vor. Die Mutter wollte nicht, daß Meline
ſolche gottloſe Reden höre und hieß ſie in den Garten gehen.
Der Fremde fing nun eine ſehr lange, verworrene Er—
zählung an, wie der verſtorbene Herr, da er noch auf der
hohen Schule war, dieſe Summe von ihm entlehnt habe.
Der Verwalter verlor endlich die Geduld und ſagte: Geht,
geht! Ihr ſeid ein Betrüger. Wenn Euch der ſelige Herr
nur zehn Thaler ſchuldig geweſen wäre, ſo hättet Ihr
das Geld, das Ihr ſehr nötig zu haben ſcheint, ſchon vor
vielen Jahren verlangt, nicht erſt jetzt, mehr als zwei
Jahre nach ſeinem Tode. Allein der Mann beſtand auf
ſeiner Forderung, und wollte ſich nicht abweiſen laſſen.
Es kam zwiſchen ihm und dem Verwalter zu einem hef—
tligen D e der ſehr lange währte. Frau von
Grünau bedauerte heimlich, daß ihre Leute nicht zu Hauſe
waren; ſonſt hätte ſie den Kerl als einen Betrüger fort—